Ich kann mich noch an Zeiten erinnern, in denen man Tausende Deutsche Mark investieren musste, wenn man halbwegs taugliche Musik-Demos aufnehmen wollte – Synthesizer, Drum-Computer und ein Vierspurrekorder wären wohl das Mindeste gewesen, was man für eine halbwegs taugliche Rap-Demo hätte haben müssen. Heute reicht uns im Grunde schon ein Notebook und die passende Software.
Was aber machen, wenn exakt dieses Notebook seinen Dienst versagt und kurz danach auch noch die externe Festplatte ihren Geist aufgibt? Da ist es schade um die Hardware, aber die kann man ja normalerweise neu kaufen gegebenenfalls. Dem Rapper Prince Harvey ist exakt das nun widerfahren – aber leider ist der Kollege zu abgebrannt für ein neues Notebook oder gar Studio-Aufnahmen. Weiteres Equipment ist ihm zu allem Überfluss gestohlen worden. Also überlegt er sich, dort hinzugehen, wo sowieso Rechner herumstehen – in den Apple Store in New York im Stadtteil SoHo.
It wasn’t my plan to record this at the Apple Store. First, my computer died. Then my external [hard drive] died,” he says. “New York is expensive. I couldn’t just buy another laptop. I just thought, ‘I’m going to die before anyone knows I’m hot. Prince Harvey, Rapper
Prince Harvey At The Apple Store SoHo
Logischerweise ist es nicht zulässig, mit den dort ausgestellten Kisten zu arbeiten, also ging er es heimlich an: Alle Beats nahm er im Store nur mit seiner Stimme auf, sprich: Beatbox. Die Beats und seine Lyrics mixte er dann mit der Software GarageBand zusammen – professionelle Musik-Software war selbstverständlich auf diesen Geräten nicht vorinstalliert.
Gerade, wenn der Laden rappelvoll ist, fällt es sicher nicht sofort auf, wenn jemand mal mehrere Stunden arbeitend an einem Rechner verbringt. Prince Harvey arbeitete an seinem bereits zweiten Album jedoch Tag für Tag dort, vier Monate lang, montags bis freitags! Das bleibt dann natürlich nicht unentdeckt, aber er freundete sich rasch mit Teilen der Belegschaft dort an und die sah dann schon mal darüber hinweg, was dort über Wochen und Wochen entstand, während er sich aber nach wie vor vor den anderen Mitarbeitern hüten musste.
Vier Monate später hat Prince Harvey nun das Album fertig gestellt: PHATASS soll es heißen, was neben seiner ersten Bedeutung auch noch das Akronym für Prince Harvey At The Apple Store SoHo darstellt – am 27. Juli wird das Werk erscheinen. Bereits jetzt könnt ihr auf SoundCloud in mehrere Tracks reinhören und wer auf Acapella-Sprechgesang steht, mag mit den Songs auch tatsächlich warm werden.
Pfiffig? Oder nur ein Marketing-Gag
Mein Problem mit der eigentlich sehr netten Geschichte: Sie wirkt für mich doch ein bisschen sehr konstruiert. Kann man wirklich tagein, tagaus dort stundenlang aufnehmen und abmischen, ohne dass es die Nicht-Eingeweihten mitbekommen? Und kann man mit dieser Story an die Öffentlichkeit gehen, ohne dass Apple richtig Theater macht im entsprechenden Store, der ja schließlich bekannt ist?
Vielleicht ist es ja nur ein dicker PR-Gag: Entweder steckt der Rapper mit Apple unter einer Decke – oder er war gar nicht Tag für Tag im Apple Store und hat sich die Geschichte nur ausgedacht. Vorstellen kann ich mir beides, so oder so drücke ich dem Kameraden aber dennoch die Daumen, dass das Album PHATASS zumindest so erfolgreich wird, dass er sich neues Equipment leisten kann – und ein bisschen was auf der hohen Kante hat, wenn ihm sein technisches Gerät wieder mal zerlegt oder geklaut wird. Was meint ihr denn? Inszeniert – oder traut ihr Prince Harvey zu, wirklich so ein ausgekochtes Schlitzohr zu sein?
Quelle: The Daily Beast via Schlecky Silberstein