Wer eine VR-Achterbahnfahrt mit einer echten Fahrt vergleicht, wird merken, dass das Erlebnis einfach nicht real wirkt. Es fehlen einfach zu viele Sinneseindrücke: Der Wind, die Vibrationen, das Geschrei der anderen Fahrgäste – richtiges Achterbahnfeeling kommt mit VR-Brille im Sessel sitzend einfach nicht auf. Wer dann aber auf dem Achterbahnsimulator von Samsung saß (etwa hier auf der Gamescom), wird merken, wie schnell eine VR-Erfahrung erschreckend echt rüber kommen kann.
Die PowerClaw soll an einer anderen Stelle die Nerven kitzeln und die virtuelle Erlebniswelt um Sinneseindrücke erweitern: An den Händen. Zwei Handschuhe sollen Kälte, Wärme und fünf verschiedene Oberflächen simulieren. Dafür sind im Handschuh an jeder Fingerkuppe kleine metallische „Fingerhüte“ verbaut, die mit Mini-Motoren vibrieren können. Für die Hitze und Kälte sind Heizfäden und Peltier-Elemente verantwortlich. Vor allem die Wärmeunterschiede sind sehr gut spürbar.
Cool wären diese Effekte vor allem bei Spielen in außergewöhnlichen Umgebungen: Sagen wir etwa Edge of Nowhere, wo der Spieler sich durch eine Arktis-Landschaft bewegt, oder Alice VR, in welchem zum Teil Wüsten-Level absolviert werden dürfen. Selbst sehr schnelle Temperaturänderungen bewältigt der Handschuh. Man stelle sich eine heiße Großküche vor, in welcher man in die Gefrierkammer geht.
Cool, aber noch nicht perfekt
Etwas weniger überzeugend sind die Oberflächen, die man spüren soll: Bei einer metallischen Oberfläche vibrieren einfach nur die Rumble-Motoren ein wenig. Hätte man mir nicht gesagt, dass es sich um eine metallische Oberfläche handeln soll, hätte ich es nicht gewusst.
Zusätzlich zu den Handschuhen ist eine Box vonnöten, die die Input-Signale per USB in die entsprechenden Ströme für die einzelnen Komponenten der Handschuhe umwandelt. Die Box benötigt normalen Steckdosen-Strom. Ergo: Zum Kabel der VR-Brille kommt noch ein Stromkabel sowie ein USB-Kabel für die Handschuhe.
Ein weiteres Problem der PowerClaw sind die oben Fingerhüte genannten Objekte, die für die Gefühle sorgen. Sie wiegen nicht nur merklich ein paar Gramm, sondern machen die Hand auch noch unempfindlich für alle anderen Berührungen. Man fühlt nicht mehr richtig, was man in den Händen hält. Wer die PowerClaw mit den Oculus-Controllern nutzen möchte, wird das wahrscheinlich noch hinnehmen können. Bei den Vive-Controllern kommt aber ein weiterer tödlicher Konstruktionsfehler dazu: Durch die Fingerspitze des PowerClaw dringt keine Elektrizität nach außen, das Touch-Eingabesignal auf dem Touchpad wird nicht erkannt. Eine Bedienung ist also erst wieder möglich, wenn der Handschuh ausgezogen wurde. Sehr schade!
Per SDK können Entwickler die Funktionen des Handschuhs in das Spiel integrieren. So kann theoretisch jeder VR-Titel Hitze und Kälte im Spiel an den Gamer übermitteln. Ob die Entwickler des PowerClaw auch proaktiv implementieren, ist nicht bekannt.
Auch preislich ist das Produkt – Stand jetzt – leider nicht wirklich überzeugend. Derzeit läuft das Projekt auf Indiegogo, die Firma Vivoxie möchte für die Realisierung des PowerClaw mindestens 55.000 Dollar erreichen. Für 445 Dollar bekommt ihr einen Handschuh und die benötige Box für die Umrechnung USB -> Handschuhgefühle. Für 595 Dollar gibt es zwei PowerClaws. Bisher sind erst rund 2% des benötigten Betrags zugesichert worden. Und leider muss ich an dieser Stelle sagen: Wartet noch ein wenig ab. Der Kauf lohnt sich derzeit einfach noch nicht, auch wenn es sich um eine richtig coole Techdemo handelt. Vielleicht wäre das Produkt derzeit beim Oculus oder beim HTC-Forschungsteam besser aufgehoben als in „freier Wildbahn“.