Jetzt ist es mit Prognosen nur so ein Ding, sie können, müssen aber eben nicht eintreffen, das kann man täglich bei der Wettervorhersage sehen, die eben auch oft genug daneben liegen. Am Ende sind Prognosen eben doch nur „was wäre wenn“-Gedankenspiele, schließlich kann niemand in die Zukunft schauen. Ein solches „was wäre wenn“-Gedankenspiel ist daher auch die Prognose von Gartner für die Computerworld in Sachen Betriebssysteme. Wenn also die Vorhersagen in Sachen Verkäufen so eintreffen würden, wie Gartner sie einschätzt und man gleichzeitig iOS und macOS zusammenfasst, dann würde Apple dieses Jahr Microsoft auf dem Betriebssystemmarkt überholen. Also wenn…
Gartner Prognose
Im Detail schätzt Gartner, dass sich Apple im Gegensatz zum restlichen Markt in diesem Jahr erholen würde. Nachdem es 2016 einen 10% Rückgang an verkauften Geräten im Vergleich zum Vorjahr gab – vor allem, aber nicht nur, wegen geringerer iPhone-Verkäufe – sollen es in diesem Jahr wieder gut 8% mehr werden. Insgesamt 268 Millionen Geräte mit iOS und macOS sollen es werden, statt 248 Millionen in 2016. Die Zahl der mit Windows betriebenen Neugeräte soll dagegen auch dieses Jahr wieder um 3% zurückgehen, auf etwa 252 Millionen verkaufte Geräte. Und während Apple in den beiden Folgejahren jeweils um weitere 3% zulegen soll, glaubt Gartner bei Windows an eine Stagnation.
Mal abgesehen von den Annahmen in solchen Prognosen: Google? Google wird gleich gar nicht erwähnt und das wundert auch nicht. Denn wenn man sich vor Augen führt, dass es Microsoft mit 260 Millionen verkaufter Geräte mit Windows auf gerade mal 11,2% schafft und Apple noch dahinter liegt, dann muss man nicht lange rechnen, um zu sehen, dass Android hier offensichtlich einen auf einige Jahre nicht einzuholenden Vorsprung hat.
Persönliche Prognose
Persönlich halte ich die Gartner-Prognose jedoch für sehr gewagt. Was unbestritten für deren Prognose spricht ist das iPhone-Jubiläum. Dieses Jahr dürfte Apple zumindest sehr viel daran setzen, ein neues iPhone vorzustellen bei dem es endlich wieder einen echten „Wow-Effekt“ gibt. Also nicht einfach nur schneller, mehr, bunter und me-too-Funktionen, sondern tatsächlich etwas wirklich revolutionär neues – ob nun technisch oder in Sachen Design (oder besser beides). Sollte Apple das gelingen, dann dürften auch wieder deutlich mehr iPhones gekauft werden.
Dagegen spricht jedoch meiner Meinung nach deutlich mehr. Das beginnt bei der MacBook-Reihe. Nachdem es Jahre keine Updates gab, waren viele Mac-Nutzer schwer enttäuscht von der neuen Pro-Reihe: Anschlüsse wurden gestrichen, mit dem Akku läuft es auch nicht so rund und die Touchbar ist nun auch nicht unbedingt revolutionär. Möglich, dass viele mit einem Kauf noch warten, bis die entsprechende Peripherie mit USB-C/Thunderbolt zu vernünftigen Preisen verfügbar ist und erst dieses oder nächstes Jahr kaufen. Angesichts dieses radikalen Schnitts bei den MacBook Pro fürchten sich einige schon vor neuen iMac und Mac Pro in diesem Jahr – egal wie richtig es langfristig ist, alte Zöpfe abzuschneiden, man muss die Käufer heute überzeugen.
Apple macht es mit seinen neuen MacBook Pro genau richtig
Oder aber, sie steigen um. Wenn selbst ich – nach 20 Jahren primär auf der Apple-Plattform unterwegs, in denen ich Windows nur genutzt habe, weil und wenn es sein musste – ernsthaft einen Wechsel zu einem Surface Book statt MacBook oder einem Surface Studio statt einem iMac in Erwägung ziehe, dann will das doch was heißen. Und eines ist sicher: Ich bin nicht alleine mit dieser Überlegung. Und dann kommt Windows 10 auf ARM-Prozessoren inklusive Unterstützung für x86-Code. Ernsthaft, das hätte von Apple kommen müssen! Erinnert sich noch jemand an den Umstieg von PowerPC auf Intel-CPUs bei Apple? PowerPC-Softare wurde auf der neuen Plattform einfach mal eben per Software lauffähig gemacht. Da erzählt uns Apple also ständig, dass sie immer die schnellsten ARM-Prozessoren in ihren Geräten haben und plötzlich kommt Microsoft an und überholt Apple hier.
Windows 10: x86 Programme künftig auch mit ARM-Prozessoren möglich
Apple, das war enttäuschend. Wirklich. So was hätte mit dem iPad Pro kommen müssen: Als Tablet iOS und mit angeschlossener Tastatur optional der Wechsel zu macOS. Dann wäre das iPad Pro wirklich ein vollwertiger Notebook-Ersatz mit echtem Zusatznutzen. Kurz vor der Vorstellung von Microsofts ARM64-Plänen hatte ich über genau so ein Gerät noch in einem längeren Gespräch phantasiert – eben mit dem Hinweis auf die Erfahrung, die Apple in dem Bereich mit dem Umstieg von PowerPC auf Intel hat.
Gut, möglich, dass Apple mit einem solchen neuen iPad Pro nachzieht, wäre zwar auch nur eine „Me too“-Geschichte, aber immerhin. Aber ohne einen solchen Schritt sehe ich da wirklich nicht, wo plötzlich das Wachstum her kommen soll bei den Verkaufszahlen – dass Angebot von Microsoft und was in dem Bereich dieses Jahr noch so kommen könnte und sollte, ist einfach deutlich attraktiver als das Angebot von Apple. 20 Jahre Mac hin oder her, Windows 10 ist nicht mehr so weit weg von macOS wie es frühere Windows-Versionen noch waren und in Sachen Hardware fehlt es bei Apple meiner Meinung nach an Geräten, die den „Haben wollen will“-Knopf drücken.
Kurz: Im Gegensatz zu Gartner sehe ich für dieses Jahr nicht, dass Apple Microsoft überholen könnte, ich denke eher, dass Apple zwar etwas wachsen wird, aber nur gering, vielleicht so 2%, Für Windows sehe ich keinen Rückgang in diesem Jahr, sondern einen stagnierenden Anteil, vielleicht sogar ein ähnliches Wachstum wie bei Apple-Betriebssystemen, so dass Windows zwar am Ende vielleicht knapp, aber eben doch vor iOS+macOS liegen wird. Und Google wird weiterhin unangefochten an der Spitze sein – die Android-Dominanz bei der nackten Anzahl der Geräte wird auch die nächsten Jahre stabil bleiben.
via Computerworld