Update vom 19. Juli 2017 (Casi):
Vor einigen Tagen berichteten wir hier schon darüber, dass Qualcomm den Verkauf des iPhones stoppen möchte. Es geht natürlich um die unerlaubte Nutzung von Qualcomm-eigenen Patenten durch Apple, gegen die der Halbleiter-Hersteller in den USA gerichtlich vorgeht.
Das Ende der Fahnenstange ist in diesem Streit aber noch längst nicht erreicht und so hat das Unternehmen nun auch in Deutschland Patentverletzungsklagen eingereicht, sowohl in München als auch in Mannheim. Die Unterlassungsverfügungen sehen vor, dass Apple das iPhone in Deutschland weder einführen noch verkaufen darf.
Alles weitere zu diesem üblichen Patent-Tanz hat euch Jake weiter unten schon fein säuberlich auseinandergebröselt: Natürlich wird das iPhone nicht vom deutschen Markt verschwinden, egal wie die Nummer ausgeht. Schlimmstenfalls – aus Apple-Sicht – würde es so aussehen, dass die Gerichte Qualcomm Recht geben und sich das Unternehmen aus Cupertino dann dazu breitschlagen lässt, die geforderte Kohle für die Patentlizenzen abzudrücken.
Rechtlich mag das Qualcomm zustehen – kann und möchte ich nicht beurteilen – aber es bleibt halt dennoch ein dummes Spiel, bei dem wir im Endeffekt als Konsumenten die Dummen sind. Denn ratet mal, bei wem sich Apple das Geld zurückholt, welches die Kalifornier auf die Herstellungskosten aufschlagen müssen… Sei es drum – hier ist die Pressemitteilung von Qualcomm, die uns gerade erreichte:
Qualcomm hat in München und Mannheim Patentverletzungsklagen wegen nach Deutschland importierter oder hier verkaufter iPhones erhoben. Wir sehen uns zu diesem Schritt gezwungen, da Apple weiterhin die Technologie von Qualcomm einsetzt und sich weigert, dafür zu bezahlen “, sagte Don Rosenberg, Vizepräsident und Chefjustiziar von Qualcomm. „Die Unterlassungsverfügungen betreffen den Verkauf der neuesten Apple iPhones in Deutschland sowie deren Einfuhr. Die Erfindungen von Qualcomm stehen im Mittelpunkt jedes iPhone und reichen weit über Modemtechnologien und Mobilfunk-Standards hinaus. Die Patentrechtsverletzungen, die wir in München und Mannheim geltend machen, betreffen zwei Technologien, die für iPhone-Funktionen wichtig sind. Sie sind keine standard-essentiellen Patente (ESPs)und unterliegen daher nicht den FRAND-Lizenzverpflichtungen.
Original-Artikel vom 07. Juli 2017:
Qualcomm will den Verkauf von Apples iPhones stoppen
Man stelle sich eine Welt vor, in der jeder Patente anderer nutzen und diese verbessern und wiederum weiterreichen würde. Also so, wie es beispielsweise die GNU-Lizenz für Linux macht. Klingt nach widerlichem Kommunismus? Exakt das denken sich die Konzerne der Welt seit Jahren und verklagen sich gegenseitig fröhlich. Der neuste Streich: Qualcomm klatscht Apple, weil die offenbar sechs Qualcomm-Patente unerlaubt in ihren iPhones nutzen.
Qualcomm hat jetzt Beschwerde wegen Patentrechtsverletzung bei der Internationalen Handelskommission (ITC) in den USA, sowie beim Bundesgericht im Southern District of California eingereicht, wie es stolz in der entsprechenden Pressemitteilung heißt. Apple verletze eine Reihe von Patenten, die den Verkauf von iPhones höchst illegal und Schlüsselfunktionen überhaupt erst möglich machen.
Ein Schelm, wer dabei denkt, dass es hier um echte Patentrechtsverletzungen geht und nicht um den Klassiker, den Verkauf von Smartphones (zeitweise) zu stoppen, bis die Sache mit Geld geregelt worden ist. Qualcomm hat auf jeden Fall Beschwerde bei der ITC eingereicht, fordert eine Untersuchung der Angelegenheit und dass der Import von iPhones in die USA untersagt wird. Import heißt in dem Falle natürlich die Lieferung von iPhones aus den Fabriken in Übersee für den Verkauf in den USA.
Außerdem möchte Qualcomm gerne eine Unterlassungsanordnung durchgedrückt sehen, die auch den Verkauf, Werbung, Marketing und jegliche Art von schlichtem “Zeigen” bereits ausgelieferter Apple-Geräte in den USA untersagt. Die verletzten Patente seien schließlich essenziell für die Funktionsfähigkeit von iPhones und Apple würde sich weigern für deren Nutzung zu zahlen, so Don Rosenberg, Executive Vizepräsident und Leiter der Rechtsabteilung bei Qualcomm:
“The patents we are asserting represent six important technologies, out of a portfolio of thousands, and each is vital to iPhone functions. Apple continues to use Qualcomm’s technology while refusing to pay for it. These lawsuits seek to stop Apple’s infringement of six of our patented technologies.”
Die angeblich verletzten Patente reichen übrigens von der Verlängerung der Batterielaufzeit dank der genauen Zuführung von Strom zur Empfangsantenne bis zum schnellen Start der Internetverbindung nach dem Booten. All die megawichtigen Dinge, für die Qualcomm vor dem Bundesgericht natürlich Entschädigungszahlungen einklagen möchte. So wie Apple damals Rundungen und App-Icons als Patentrechtsverstoß vor Gericht gebracht hat und andere Unternehmen ähnliche Belanglosigkeiten.
Ich weiß leider nicht mehr, wer es gesagt hat, aber dieser jemand meinte mal: “Wenn das Patenrecht schon immer so funktioniert hätte wie heute, dann müssten wir alle den Nachfahren von Isaac Newton Lizenzgebühren für die Nutzung der Schwerkraft zahlen.” Denn bei vielerlei Patenten handelt es sich mittlerweile um reine Entdeckungen physikalischer Verfahren oder optimiertem Programmcode auf einem Chip.

Es geht den Unternehmen halt eben selten darum, ihr Intellectual Property (IP) zu schützen, sondern Patente aus marktstrategischer Sicht zu nutzen, um der Konkurrenz zu schaden. Dass ich hier so auf Qualcomm einhacke ist nur exemplarisch dafür, wie ich es auch bei Apple, Samsung und anderen Unternehmen getan hätte.
Denn das Patentrecht ist nicht dazu entwickelt worden, um minimalste Entdeckungen zu schützen, geschweige denn dies auch nur aus dem Grund zu tun, um nachher mit Kalkül vor Gericht klagen zu können. Oder eben den Verkauf zeitweise auszusetzen. Nachdem das nun gesagt ist: Sollte Apple tatsächlich gegen Patentrecht verstoßen, wäre es natürlich ganz gut, wenn sie das auch entsprechend bezahlen, albern bleiben solche Nummern aber weiterhin.