Die AfD hat wieder einmal mit einer bedenklichen Aktion im Netz für Aufmerksamkeit gesorgt. Unter „Mainstream-Aussteiger“ möchte man Journalisten die Möglichkeit geben, sich anonym zu Wort zu melden, wenn in den „Mainstream-Medien“ angeblich mal wieder gelogen würde. Die Nummer erinnert stark an eine andere Plattform-Idee dieser Partei, bei der es darum ging, dass Schüler Lehrer melden können, die im Unterricht politisch nicht neutral agieren.
Dieses mal also will man Journalisten die Hand reichen, die mit vermeintlichen Fake-News und einseitiger Berichterstattung brechen wollen. Folgenden erklärenden Text findet man auf der Seite:
LIEBE MITARBEITER DER MAINSTREAM-MEDIEN,
sind Sie Journalist geworden, weil ihnen die Wahrheit und die unabhängige Information der Bürger am Herzen liegen?
Haben Sie die Nase voll von befristeten Verträgen und Stellenstreichungen?
Wollen Sie wieder in den Spiegel schauen können, ohne dabei Georg Restle und Anja Reschke zu sehen?
Dokumentieren Sie mit uns die schlimmsten Lügen und Manipulationen der Haltungsredaktionen und schicken Sie sie – garantiert anonym und komplett vertraulich – an diese E-Mail-Adresse: info@mainstream-aussteiger.de.
Sie werden sich danach besser fühlen!
Wieder einmal also wird zur Denunziation aufgerufen durch eine Partei, die nicht zum ersten mal offenbart, dass sie sich zwar als bürgerlich empfindet, mit dem Grundgesetz und unserer Demokratie so ihre Probleme haben. Auch der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) übt deutliche Kritik an dieser AfD-Idee. Das Programm wird vom Verband als „Provokation gegen den kritischen Journalismus” gewertet. “Der Versuch, Journalistinnen und Journalisten lächerlich zu machen, passt zum Kurs der Partei, kritische Berichterstatter zu beleidigen und zu diffamieren, wo es nur geht“, sagt dazu der DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall. Er erklärt weiter, dass die Missachtung von Journalisten und permanente Verstöße gegen die Pressefreiheit zur DNA dieser Partei gehören.
Die Seite musste aber bereits am ersten Tag umziehen: Sie hatte ihre vorläufige Heimat bei Jimdo gefunden. Das Unternehmen bietet Baukasten-Websites an und auch die AfD hatte sich für diesen Anbieter entschieden. Allerdings fiel es Jimdo direkt am ersten Tag auf, dass die AfD dort eine etwas merkwürdig anmutende Idee umgesetzt hat. Deshalb wurde vom Jimdo-Chef Matthias Henze direkt angeordnet, die Seite umgehend wieder vom Netz zu nehmen. Folgende Erklärung gab es dazu via Twitter:
Wir stehen zu unseren Werten. Aus gegebenem Anlass ein Statement von unserem CEO Matthias Henze. pic.twitter.com/g1e85q4dkM
— Jimdo DE (@Jimdo_DE) November 28, 2019
Verantwortlich für das Meldeportal ist laut Impressum das Team des bayerischen AfD-Bundestagsabgeordneten Petr Bystron, aber es gibt weitere AfD-Politiker, die das Projekt unterstützen. Auch Bystron hat sich bereits zu Wort gemeldet und erklärt, dass binnen Stunden über 3.700 Mails eingegangen wären. Was er glaubt, was damit bewiesen werden könnte, erschließt sich mir allerdings nicht, denn schließlich kann ja jeder „besorgte Bürger“ so eine Nachricht per Mail melden. Das ist also genau so aussagekräftig, als würde ein AfD-Anhänger ein Hotel runtervoten, welches die Partei nicht beherbergen möchte. Auch dort geht es nicht um Qualität, sondern ums unreflektierte Denunzieren.
Nichts Neues also von dieser Partei, sie bleibt sich auf ihrem erschreckend niedrigen Niveau treu. Schön aber, dass Jimdo so klar Stellung bezieht. Es muss überall entlarvt werden, dass sich zutiefst antidemokratische Menschen das Mäntelchen der Bürgerlichkeit überwerfen wollen. Auch solchen Parteien muss es in einer demokratischen Gesellschaft möglich sein, ihre Ansichten im Netz zu äußern, aber spätestens bei bloßem Denunziantentum sollte Schluss sein. Alles richtig gemacht, Jimdo.
via t3n