Am “Autopiloten” von Tesla scheiden sich die Geister. Während die einen die Kombination von verschiedenen Fahrerassistenzsystemen für das Maß aller Dinge halten, kritisieren andere seit Jahren die übertriebenen Erwartungen an die Fähigkeiten des Systems. Die gelegentlich recht euphorischen Versprechungen des Unternehmensgründers Elon Musk erwecken bei einigen Kunden offenbar den Eindruck, dass Tesla bereits ein “selbstfahrendes Auto” entwickelt habe, dessen Funktionsumfang allein durch lästige gesetzliche Regelungen nicht vollständig genutzt werden könne.
Nun droht dem kalifornischen Autobauer in seinem Heimatmarkt USA eine Sammelklage, mit der die tatsächlich existierenden Fähigkeiten des Systems aufgedeckt werden könnten. Drei Tesla-Käufer haben sich zusammengeschlossen und streben ein Verfahren gegen das Unternehmen an. Sie werfen Tesla “Betrug” und “Täuschung” vor und bemängeln, dass sie (implizit oder explizit) zugesicherte Features nur verspätet oder gar nicht erhalten hätten. Dementsprechend handele es sich bei der Software lediglich um „Vaporware“, die äusserst gewinnbringend vermarktet werde.
Die drei Käufer der Tesla-Modelle hatten Fahrzeuge geordert, in denen ein umfangreiches Sicherheitspaket enthalten sein sollte. Doch über die tatsächlich vorhandenen bzw. bereits funktionierenden Funktionen fühlen sich die Käufer offenbar getäuscht. So bemängelt ein Kunde in der 44-seitigen Klageschrift, dass sein Fahrzeug trotz des aufpreispflichtigen Sicherheitspakets de facto keine automatische Notfallbremse besessen habe, die bei seinem vorherigen Fahrzeug – einem Audi A7 aus dem Jahr 2013 – längst zum Standard gehört habe.
„Das System agierte in unvorhersehbarer Weise, hielt Spuren nicht ein, bremste ohne Grund und scheiterte daran, langsamer zu werden oder stehenzubleiben, wenn Hindernisse erreicht wurden.“
Erst ein mehrere Monate später verfügbares Software-Update habe eine vergleichbare Funktion freigeschaltet, sie sei aber nicht nutzbar gewesen. Vielmehr sei der Betrieb des Systems im Alltag unsicher, die Assistenten reagierten völlig unvorhersehbar. Der Kunde habe dementsprechend für ein “Premium-Paket” und einen “erweiterten Autopiloten 2.0” bezahlt, aber erhalte keine entsprechende Gegenleistung. Bei den beiden anderen Kunden verhalte es sich ebenso.
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In einer ersten Reaktion bezeichnet Tesla die angestrebte Klage als einen „unaufrichtigen Versuch, Anwaltskosten zu sichern“. Viele der in der Klage aufgeführten Punkte entsprächen nicht den Tatsachen. Vielmehr spiegele die “ungenaue und sensationsheischende Sicht auf die Technologie” die Art von Fehlinformationen wider, die letztendlich die Sicherheit von Verbrauchern gefährden würde.
@dtweiseth If we applied resources to doing super complex retrofits, our pace of innovation would drop dramatically
— Elon Musk (@elonmusk) January 22, 2017
Tesla hatte im Januar 2017 mit dem OTA-Rollout des neuen Autopiloten 2.0 begonnen. Die Software kann von Fahrzeugen genutzt werden, die nach Oktober 2016 gefertigt wurden und mit den erweiterten Auswahl von Fahrzeugsensoren bestückt sind. Zugleich hatte Elon Musk bekräftigt, dass man bereits zuvor gefertigte Fahrzeuge nicht mit neuer Hardware und Software ausstatten werde. Vielmehr gehöre es zu Teslas Prinzipien, dass man im Abstand von 12 bis 18 Monaten eine neue Fahrzeuggeneration auf den Markt bringe und im Rahmen des Innovationsprozesses keine Ressourcen für komplexe Nachrüstungen verschwenden werde. Dies hatte bei einer Reihe von frühen Käufern für große Enttäuschungen gesorgt.
via arstechnica.com