Smartphone-Hersteller Nummer 1 ist immer noch Samsung. Darauf könnte man sich nun eventuell ausruhen, aber wie bei vielen anderen Unternehmen hat auch Samsung verstanden, dass man sich stets weiterentwickeln muss, um konkurrenzfähig zu bleiben. Die Hardware macht so große Fortschritte, dass der Normalnutzer eines Smartphones auch mit einem chinesischen 200 Euro-Smartphone fast ebenso gut über die Runden kommt wie es mit einem 700 Euro-Smartphone von Samsung der Fall wäre.
Daher gilt es, sich anders von den Mitbewerbern abzusetzen und daher muss man Services und Software anbieten, die die anderen nicht vorweisen können. Dumm dabei ist nur, dass Samsung zwar von Smartphones über Fernseher bis zu Halbleitern und sogar Schiffen so ziemlich alles in toller Qualität bauen kann, was an Hardware denkbar ist, man aber beim Thema Software öfters mal ordentlich danebenliegt.
Beispiele? Nehmt den Video-Service Milk oder auch den Messenger ChatON, mit dem man seinerzeit WhatsApp und Co was entgegensetzen wollte. Beide Dienste hat Samsung mittlerweile wieder eingestellt und nach einem Report von Reuters, in welchem – selbstverständlich anonym – sowohl ehemalige als auch aktuelle Mitarbeiter zu Wort kommen, hat man die Verantwortlichen dafür ganz oben im Spitzen-Management ausgemacht.
Samsung’s upper management just inherently doesn’t understand software. They get hardware – in fact, they get hardware better than anyone else. But software is a completely different ballgame. ehemaliger Samsung-Mitarbeiter
Während man den Koreanern nichts vormachen kann, was die Hardware angeht, versteht man im Unternehmen laut den zitierten Quellen schlicht nicht, wie Software funktioniert. Das fängt schon damit an, dass oftmals verschiedene Teams innerhalb Samsungs gleichzeitig, aber unabhängig voneinander am gleichen Projekt arbeiten. So sollte seinerzeit die Handfree-App fürs Galaxy S4 entwickelt werden und ein ehemaliger Manager verriet gegenüber Reuters, dass er erst von außerhalb erfahren hat, dass es auch im Unternehmen selbst ein Konkurrenz-Team gab, welches mit exakt der gleichen Aufgabe betraut war.
Die Crux bei Samsungs Software-Bestrebungen ist es (oder zumindest war es), dass man zwar zeitig erkannt hat, wie wichtig exklusive Software-Features für den Hardware-Verkauf sind, man dabei aber oft zu kurz gedacht hat. Es ging darum, ein bestimmtes Feature zwingend für den nächsten Hardware-Launch am Start zu haben, um dessen Verkäufe anzukurbeln. Man hatte also mehr den kurzfristigen Profit im Blick und nicht etwa, auf lange Sicht eine Plattform zu etablieren. ChatON war so ein Beispiel, mit dem vor Jahren die Galaxy S-Devices gepusht werden sollten. Letzten Endes war es aber ein Messenger, der zwar toll und plattformübergreifend funktionierte, den aber zu wenig User einsetzten.
Hier ist ein Umdenken erforderlich im Spitzen-Management und es gibt durchaus Anzeichen, dass dieses Umdenken bereits eingesetzt hat. Plattformen wie Samsung Pay, Samsung SmartThings für den SmartHome-Bereich und Samsung KNOX zeigen, dass aktuelle Projekte nachhaltiger angegangen werden. Die Frage, die sich jetzt stellt: Hat Samsung vielleicht den richtigen Zeitpunkt verpasst, um auf diese Nachhaltigkeit zu setzen?
Wie bereits erwähnt drängen immer mehr Hardware-Hersteller mit wirklich tollen Devices auf den Markt und die haben sich selbstverständlich von den vielen richtigen Dingen, die Samsung in den letzten Jahren gemacht hat, inspirieren lassen. Unternehmen wie HTC, Nokia und auch BlackBerry sind schon längst ins Straucheln geraten auf diesem schweren Markt und auch eine Nr. 1 ist davor natürlich nicht gefeit. Drücken wir den Koreanern die Daumen, dass sie die Zeichen der Zeit noch rechtzeitig erkannt haben und in der Lage sind, sich auf dem Smartphone-Markt neu erfinden zu können und den Beweis abzuliefern, dass Samsung auch Software kann.