Es ist wieder einmal Freitag und trotz Sommerferien in vielen Bundesländern waren etliche Kids auch heute wieder für die Zukunft und für den Schutz des Planeten auf der Straße. Generell wird jeden Tag über den Klimawandel berichtet und gesprochen und das ist absolut richtig. Bei den Lösungsansätzen gehen die Meinungen natürlich weit auseinander — ebenso beim Feststellen, wo man zuerst ansetzen muss, um zum Beispiel den CO2-Ausstoß zu senken.
Dass wir weniger fliegen sollten, weniger Fleisch verzehren, möglichst viele Kohlekraftwerke so schnell wie möglich abschalten und auch weniger Autos auf den Straßen bewegen sollten — darüber sind wir uns vermutlich alle einig. Aber es gibt noch ganz andere Klimakiller, die eine äußerst unschöne CO2-Bilanz vorzuweisen.
Damit nähern wir uns jetzt einer wirklich unschönen Wahrheit, liebe Serien-Fans und Freunde der gepflegten Masturbation: Der Think Tank „The Shift Project“ hat gerade mit “Climate crisis: The unsustainable use of online video” einen Report vorgelegt, der errechnet hat, wie dramatisch die Auswirkungen von Videostreaming auf den Klimawandel ausfallen. Die französische Organisation fordert digitale Enthaltsamkeit und wenn man die Zahlen sieht, ist man geneigt, den Franzosen zuzustimmen.
Laut ihrem Report ist Video-Streaming für ein Prozent des globalen CO2-Ausstoßes verantwortlich und allein Online-Pornographie setzt weltweit so viel Kohlenstoffdioxid frei wie ganze Nationen, namentlich Belgien, Bangladesch oder Nigeria. Die Wissenschaftler haben errechnet, dass 3,7 Prozent der weltweiten Treibhausgas-Emissionen auf Digitaltechnik entfallen. Zum Vergleich: privater Flugverkehr kommt weltweit „nur“ auf zwei Prozent.
Das Ganze ist aber nur eine Bestandsaufnahme, bei der wir davon ausgehen müssen, dass sich die Dinge in kurzer Zeit dramatisch verschlechtern werden. Laut der Studie ist ein Szenario denkbar, nach dem der Anteil der Digitaltechnik an den Emissionen bis zum Jahr 2025 sogar auf mehr als acht Prozent steigen könnte. Damit wäre es sogar ein größerer Klima-Schädling als die Summe aller Autos und Motorräder.
80 Prozent dieser digitalen Technik entfallen dabei auf Online-Traffic und 60 Prozent davon wiederum auf On-Demand-Streaming. Für den Report wurde dieses Streaming in vier Bereiche aufgeteilt:
- Video-on-Demand (Netflix, Amazon Prime, usw) 34 Prozent
- Pornografische Angebote wie Pornhub und Youporn 27 Prozent
- Videoplattformen wie Youtube: 21 Prozent
- Andere Dienste wie Facebook oder TikTok: 18 Prozent
Geht mal im Geiste durch, wie oft ihr irgendeinen der genannten Video-Dienste nutzt, egal ob pornografisch oder nicht und ihr wisst, wo ihr ansetzen könnt, um ein klein wenig gegen den Klimawandel zu unternehmen. In diesem Video bröselt der Think Tank die ganze Nummer nochmal sehr anschaulich auf, wobei es vermutlich im Sinne der Studie gewesen wäre, das Video nicht ausgerechnet in FullHD hochzuladen:
Was ist jetzt also zu tun? Weniger onanieren? Ja, vermutlich — zumindest solltet ihr zusehen, dass ihr nicht bei einem 120-minütigen 4K-Video einschlaft ;-) Selbstverständlich gilt das Gleiche auch generell für den Genuss von Online-Videos. Begnügt euch mit den Auflösungen, die ausreichend sind, lasst die Kiste nur laufen, wenn ihr tatsächlich davor sitzt und — ebenfalls ein wichtiger Faktor — nutzt die Hardware einfach länger und schafft euch nicht so oft neue Geräte an.
All das wird dieses Problem nicht lösen, weil die Zahlen bei den Online-Videos weiter explodieren werden. Aber man kann zumindest dazu beitragen, dass es sich ein kleines bisschen in Grenzen hält. Ich freue mich jedenfalls schon darauf, dass die ganzen Hater, die auf die Klima-Demos schimpfen, künftig den Kindern nicht nur vorwerfen, dass sie in Urlaub fliegen, mit SUVs der Eltern zur Schule gebracht werden und Smartphones nutzen, sondern auch Netflix glotzen.
via heise.de