In diesem Jahr feiert das World Wide Web seinen 29 Geburtstag. Statt Feuerwerk und Kerzen auf dem Kuchen, herrschen jedoch Datenmissbrauch, zunehmende Überwachung und eine zentralisierte Machtübernahme durch einzelne Großkonzerne vor. 1989 hatte der Informatiker Tim Berners-Lee die Grundidee für das World Wide Web und nun betrachtet er die aktuellen Geschehnisse des Netzes mit Sorge – er ist unzufrieden mit der Entwicklung seiner Schöpfung. In diesem Jahr ist übrigens mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung Teil dieses Systems.
Wenn er Leuten von dieser durchaus beeindruckenden Nachricht erzählt, bekommt er meist zwei Reaktionen: „Wie verbindet man die andere Hälfte mit dem Internet?“ und „Sind wir sicher, dass der Rest der Welt überhaupt in diesem Web online sein möchte, dass wir heute haben?“. Denn sind wir mal ehrlich: Die Online-Bedrohungen sind mehr als real – Fehlinformationen, fragwürdige politische Werbung und nicht zu vergessen, der Kontrollverlust über unsere personenbezogenen Daten.
„Wir haben gesehen, dass das Netz die Menschheit im Stich gelassen hat, statt ihr zu dienen, wie es eigentlich vorgesehen war. Ohne bewusstes Zutun der Menschen, die die Grundlagen geschaffen haben, ist ein weltumspannendes Phänomen entstanden, das menschenfeindlich ist“ Tim Berners-Lee
Die heutige Entwicklung des Internets hat nichts mehr mit der ursprünglichen Vision von Berners-Lee gemein. Der Informatiker hatte davon geträumt, seine Erfindung für alle kostenlos zugänglich zu machen und ein dezentrales System zu erschaffen, das jedem Nutzer Teilhabe ermöglicht. Die Realität sieht anders aus. Heute ist das Internet zentralisiert und zwar von Machtkonzernen, die sich Amazon, Google, Facebook, Apple und Microsoft nennen.
Der Erfinder des World Wide Web macht sich nun daran das Internet zu retten. Seine Lösung für das Problem nennt sich „Solid“ und ist eine neue Plattform, die Nutzern die Kontrolle über ihre Daten zurückgeben soll. Dafür entwickelt er bereits seit zwei Jahren mit einem kleinen Team eine Infrastruktur, die es Usern erlaubt, ihre Daten in sogenannten „Pods“ zu speichern. Das kann man sich wie digitale Container vorstellen, die eine strikte Zugriffskontrolle haben und bei denen der Nutzer selber entscheiden kann, wer auf welche Daten zugreifen darf. Bis jetzt ist der Funktionsumfang noch sehr beschränkt, doch das Projekt ist offen – jeder kann also mitarbeiten, wenn er möchte.
„Obwohl die Probleme, mit denen das Netz konfrontiert ist, groß und komplex sind, denke ich, dass wir sie als Bugs begreifen sollten: Fehler in existierendem Code und Softwaresystemen, die von Menschen gemacht wurden – und von Menschen behoben werden können.“ Tim Berners-Lee
via: theguardian