Es sind keine lustigen Zeiten. Dank Coronavirus ist das Leben eh schon unlustig genug, im eh schon drögen Politik-Business gibt es aktuell noch weniger Grund zu lachen. In Dresden-Neustadt allerdings gibt es die gerne als „Spaß-Partei“ betitelte „Die Partei„, die sich für keinen Gag zu schade ist.
Um ein bisschen Stimmung in die mies gelaunte Bude zu bringen, indem man einen Antrag der FDP minimal abänderte. In der Original-Beschlussvorlage der FDP stand:
Der Oberbürgermeister wird beauftragt, aufgrund der abgesagten verkaufsoffenen Sonntage anlässlich regionaler Anlässe (…) folgende Alternativen zu ermöglichen:
1. dem Stadtbezirksbeirat Neustadt wird die Möglichkeit eingeräumt für das 2. Halbjahr 2020 aufgrund des abgesagten Neustädter Frühlings sowie der Bunten Republik Neustadt zwei Termine und Ereignisse zu finden, an denen Verkaufsstellen in der Zeit von 12 bis 18 Uhr öffnen dürfen. (…)
Es ging also um zwei wichtige Termine für den Einzelhandel, die in Dresden der Pandemie zum Opfer gefallen sind und die durch zwei neue verkaufsoffene Sonntage kompensiert werden sollten. Wie in vielen anderen Städten und Stadtteilen auch, fristen viele Händler in Neustadt derzeit ein trauriges Dasein und sind für jede Aktion dankbar, die Geld in die Kassen spült — ein verkaufsoffener Sonntag wäre da natürlich eine solche Aktion.
Der Handle hat die Wette aber ohne den Wirt gemacht , oder besser gesagt ohne Stadtbezirksbeirätin Charlotte Brock (Die Partei). Sie schlug nämlich in einem Änderungsantrag vor, dass der FDP-Antrag an zwei Stellen geändert werden sollte: Anstelle von „Verkaufsstelle“ solle vom „Internet“ die Rede sein — und anstelle von „öffnen dürfen“ sollte „abzuschalten“ stehen.
Die Überraschung: Sowohl dem Änderungsantrag wurde zugestimmt als auch dem darauf hin neu vorgelegten Text. Der FDP-Politiker, von dem der ursprüngliche Antrag stammte, war bei der Abstimmung nicht zugegen und ohne ihn wurde mit Stimmen der Grünen, der AfD und der Linken zehn mal mit „Ja“ gestimmt, bei drei Enthaltungen und zwei „Nein“-Stimmen.
Das Ende vom Lied: Laut diesem Beschluss muss sich der zuständige Bürgermeister darum kümmern, dass an zwei Sonntagen das Internet von 12 bis 18 Uhr abgeschaltet wird! Laut BILD-Zeitung konnte eine Lokalpolitikerin der Grünen in der Entscheidung sowohl etwas Nützliches als auch etwas Lustiges erkennen:
Ich wollte deutlich machen, dass das Internet natürlich die größte Konkurrenz ist und es nicht mit einzelnen verkaufsoffenen Sonntagen getan ist. Und ich fand die Idee der ‘Partei‘ witzig. Lokalpolitikerin Ulla Wacker (Die Grünen)
Die FDP also nicht da, die CDU reagiert ziemlich erbost — und die anderen feiern sich augenscheinlich für ihren Coup. Mir geht es dabei wie so oft, wenn „Die Partei“ von sich reden macht: Man kann oft den guten Willen und den Gedanken hinter einer Aktion verstehen, an irgendeinem Punkt wird es aber kolossal verkackt, weil unterm Strich letztendlich nur noch der Gag bleibt und nicht das eigentliche Thema.
Wie die CDU sind natürlich auch die betroffenen Händler hart genervt: Anstatt hier ein wichtiges Signal zu setzen und den lokalen Handel zu unterstützen, bleibt nun nur dieser Spaß-Beschluss übrig. Wer sich vor Ort jetzt Sorgen macht, dass man ihm an zwei Sonntagen dieses Jahr für mehrere Stunden das Internet ausknipst: Weder gibt es für so eine Entscheidung eine rechtliche Grundlage, noch ließe sich das technisch umsetzen. Somit bleibt von dem einst wirklich gut gemeinten Antrag der FDP lediglich so eine Art moderner Schildbürgerstreich, der niemandem wirklich hilft.
Quelle: Neustadt-Ticker.de