Hand aufs Herz: Könnt ihr mir sagen, wann ihr ungefähr das letzte Mal eine Telefonzelle genutzt habt? Es ist schon einige Jahre her, dass die gelben Dinger fast überall das Stadtbild mitgeprägt haben und längst hat bei den verbliebenen Zellen die Farbe Magenta das klassische Gelb verdrängt.
Damals waren die Telefonhäuschen aber etwas, was man wirklich sehr gerne in Anspruch genommen hat. Ich bin zum Beispiel meistens telefonieren gegangen, wenn ich sicher sein wollte, dass meine Eltern mir nicht lauschen — also meistens dann, wenn man seinen neuen Crush angerufen hat. Man hat die Telefonzellen gelegentlich aber auch schon mal genutzt, um mit seiner Freundin rumzuknutschen, wenn es draußen gerade wieder so heftig geregnet hat.
Denke ich an Telefonzellen, denke ich auch unweigerlich an meine Bundeswehrzeit. Damals wollten wir natürlich alle hin und wieder unsere Mädchen anrufen, so dass es vor den paar Zellen vor der Kaserne regelmäßig lange Schlangen gab. Das war aber Mitte der Neunziger und ich glaube in der Tat, dass ich danach nicht mehr eine solche Telefonzelle genutzt habe.
Wieso ich euch mitnehme auf diese Zeitreise? Weil ich drüben bei Freund Caschy gerade gelesen habe, dass die Deutsche Telekom jetzt das allerletzte gelbe Telefonhäuschen abgebaut hat, welches in Deutschland noch zu finden gab. Auf der Telekom-Seite ist die Geschichte dazu zu finden und es gibt auch ein Blick in die Historie der Telefonzelle. Dort erfahrt ihr zum Beispiel, dass es die ersten Münzfernsprecher in Deutschland bereits 1899 gab, also vor 120 Jahren! Ein Video gibt es dazu auch und das findet ihr hier:
Im Video seht ihr auch, dass die Besonderheit bei diesem Abbau nicht nur die ist, dass es das letzte Modell in Gelb war, welches in Deutschland zu finden war. Ebenso besonders ist auch der Ort, denn das Häuschen stand in St. Bartholomä am Königssee. Der Abtransport wurde per Fähre durchgeführt, da St. Bartholomä nur so erreichbar ist. So kommt es dann, dass die allerletzte gelbe Telefonzelle des Landes ihre letzte Reise vor beeindruckender Bergkulisse absolvierte.
Übrigens entscheidet die Telekom über einen solchen Abbau generell mit einem Blick auf den Umsatz: Werden dauerhaft weniger als 50 Euro pro Monat bei einer solchen Telefonzelle erwirtschaftet, wird das Teil abmontiert. Defizitär waren die Häuschen aber schon immer, also auch zu Zeiten, in denen über 100.000 Exemplare über Deutschland verteilt waren. Ihr könnt euch ja denken, dass Strom und Wartung durchaus stolze Summen verschlucken. Zu der Erinnerung an Telefonzellen gehört leider auch dazu, dass die Dinger oft beschädigt wurden. Abgerissene Hörer, zerfetzte Telefonbücher und eingeschlagene Scheiben waren da leider an der Tagesordnung und dürften einer der entscheidenden Kostenfaktoren gewesen sein.
Aber zurück zu unserer Telefonzelle am Bodensee: Der Vorgang selbst ging relativ flott in drei Stunden über die Bühne. Das ist allerdings auch nur die reine Demontage der Telefonzelle, der ein Bürokratie-Prozess vorausgeht, der zwischen acht und zehn Wochen dauert. Mit der jetzt abgebauten Zelle geht also wieder einmal ein Kapitel des Buches zu Ende, welches man mit verklärtem Blick als „gute, alte Zeit“ bezeichnet. Ein bisschen Nostalgie schwingt da auch bei mir mit, aber wir müssen uns halt damit abfinden, dass die technische Entwicklung eben Veränderungen dieser Art mit sich bringt, egal ob es um die letzten Videotheken, die letzten Telefonzellen oder ähnliches geht.