Kennt ihr auch diesen Moment, wenn ihr im Ausland ankommt und euch euer Mobilfunkanbieter eine freundliche SMS aufs Smartphone schickt? Darin wird man dann freudig im jeweiligen Land begrüßt und bekommt die geltenden Tarife um die Ohren gehauen. Je nach Land und Anbieter kann da der Upload einiger Fotos zu Facebook und Instagram schon mal erfordern, dass man im Anschluss an den Urlaub das geerbte Tafelsilber verkaufen oder eine Hypothek aufs Haus aufnehmen muss.
Noch immer kann Roaming so unangenehm teuer sein, dass ich mich der Meinung von Sascha Pallenberg anschließen muss, der davon redet, dass Roaming-Gebühren moderne Wegelagerei sind.
This is brilliant. They even started a fundraising called "Top up the eagle's mobile" ?
Btw. Roaming is modern highway robbery!https://t.co/jAtWhRHfEQ
— Sascha Pallenberg 潘賞世 (@sascha_p) November 7, 2019
Ich will mich aber nicht nur dieser Meinung anschließen, sondern auch das Thema seines Tweets aufgreifen. Hier mussten nämlich russische Forscher feststellen, dass auch die Wissenschaft nicht vor diesen Gebühren gefeit ist — auch nicht, wenn es lediglich eine Hand voll Adler sind, die mit überteuerten SMS diese Kosten verursachen.
Russische Wissenschaftler vom „Russian Raptor Research and Conversation Network“ (RRRCN) beobachten nämlich 13 Steppenadler, um das Migrationsverhalten zu erforschen und Bewegungsmuster zu erstellen. Aus diesem Grund haben diese Adler jeweils einen kleinen Peilsender an Bord, der in regelmäßigen Abständen die aktuelle Position per SMS mitteilt.
Schlecht für die Forscher: Zwischendurch brach die Verbindung für längere Zeit ab, so dass keine aktuellen Positionen übermittelt werden konnten.
Noch schlechter für die Forscher: Ein Adler — er hört auf den Namen Min — nahm nicht den erwarteten Kurs auf Kasachstan, von wo aus die aufgestauten SMS nachträglich gesendet worden wären, sondern zog unverschämterweise einfach mal durch bis in den Iran.
So richtig schlecht für die Forscher: Die aufgelaufenen SMS kamen jetzt dennoch alle auf einmal — dummerweise sind die SMS aus dem Iran aufgrund der Roaming-Gebühren bis zu 25 mal teurer als direkt aus Russland. So sorgte allein der verirrte Adler im Iran für Kosten von bis zu 100 Euro pro Tag.. Andere Adler flogen stattdessen nach Pakistan, wo es zwar nicht so kostspielig wurde wie im Iran, aber immer noch zu teuer für die Forscher. Auf der Karte von RRRCN könnt ihr sehen, wo sich die Biester herumgetrieben haben:
Jetzt waren nicht nur die SMS, sondern auch guter Rat teuer. Die Adler haben die Wissenschaftler durch ihre Abweichung von der üblichen Route fast in die Pleite getrieben. Ein Kredit musste aufgenommen werden und die Forscher versuchten anschließend, Spenden via Crowdfunding einzusammeln, was glücklicherweise auch gelang. Etwa 1 400 Euro wurden eingesammelt, die ausreichen sollten, um den Betrieb bis zum Jahresende aufrecht zu erhalten.
Aber es kam noch besser für die tierliebenden Forscher: Der russische Mobilfunkanbieter MegaFon, über den die SMS übermittelt wurden, meldete sich direkt via Vkontakte, wo das Crowdfunding lief, bei der Organisation und erklärte, dass man für die Adler-Flüge künftig besonders günstige Tarife veranschlagen würde und die aufgelaufenen Gebühren sogar erstatte.
Ende gut, alles gut, würde ich mal sagen. Die Adler sind wohlauf, die russischen Forscher wurden vor der Pleite bewahrt, MegaFon steht gut da und freut sich über kostenlose Werbung — eine klassische Win-Win-Situation. Dennoch bleiben die üblichen hohen Roaming-Gebühren, die nach wie vor unangemessen sind. Schön, dass Adler künftig auf günstige Tarife zurückgreifen dürfen — wäre aber noch schöner, wenn das Übersenden einer SMS auch für menschliche Kunden bezahlbar würde.