Kein Tag, ohne dass sich der US-Präsident derzeit an TikTok abarbeitet. Mit dem Thema, so glaubt er wohl, kann er im US-Wahlkampf eher punkten als mit dieser lästigen Pandemie, die täglich mehr als 1.000 Menschenleben in den USA kostet. Wir haben in den letzten Tagen mehrfach darüber berichtet, dass die US-Administration in der populären App des Unternehmens Bytedance eine Bedrohung für die USA sieht, weil Unmengen an Daten gesammelt werden und potenziell die chinesische Regierung erreichen könnten.
Bytedance widerspricht dem vehement und verweist auch darauf, dass die Daten der US-Nutzer auch in den USA gespeichert und verarbeitet werden. In China selbst ist TikTok nicht verfügbar, dort schickt Bytedance die zensierte Schwester-App Douyin ins Rennen. TikTok ist aber auch keinesfalls das Unschuldslamm, als dass es von Bytedance dargestellt wird. Eine gesunde Skepsis ist also durchaus angebracht.
Über den Punkt der Skepsis ist Trump allerdings schon längst hinaus, denn der US-Präsident erließ jetzt ein neues Dekret, welches TikTok eine Gnadenfrist von 45 Tagen einräumt. Wenn das US-Geschäft der App bis dahin nicht an ein großes Tech-Unternehmen aus den USA veräußert wird, ist für TikTok in den USA Schluss!
Und nicht nur für TikTok: Überraschend hat Trump auch WeChat — die Plattform von Tencent — mit ins Dekret aufgenommen und auch hier gilt die selbe Regel: Deal binnen 45 Tagen oder auf Wiedersehen, WeChat.
WeChat: Die mächtigste App der Welt, die (hier) niemand kennt
WeChat ist — wie Alipay — mittlerweile auch längst ein sehr mächtiges Zahlungsmittel, wobei WeChat und WeChat Pay in den Vereinigten Staaten noch nicht so einen mächtigen Impact haben. Aber auch hier sieht der US-Präsident augenscheinlich großes Gefahrenpotenzial. Ob die beanstandeten Apps tatsächlich so gefährlich für die USA sind, oder ob es sich nur um eine weitere Eskalationsstufe im immer noch schwelenden Handelskonflikt mit China handelt, ist dabei fast schon unwichtig.
Wichtig ist lediglich, dass Trump hier per Dekret Tatsachen schafft, die in 45 Tagen gültig werden. Es besteht theoretisch noch die Möglichkeit, dass ein US-Gericht dieses Dekret von Trump einkassiert. Passiert das nicht, müssen sich Tencent und Bytedance um US-Käufer für das USA-Geschäft kümmern — und durch das Dekret ist die Verhandlungsposition für die Chinesen ganz sicher keine bessere geworden.
via Tagesschau.de und WinFuture.de