OneZero listet derzeit 30 Staaten in der Welt auf, die mehr oder minder starke Überwachungsmethoden anwenden, um die Ausbreitung von Sars-CoV-2 einzudämmen. Die weltweit häufigste Methode sind dabei Lokalisationsdaten, die von Smartphones bzw. Mobilfunkgeräten herangezogen werden. Dabei gibt es verschiedene Methoden. Entweder durch Apps und dazugehörige GPS-Lokalisierungsdaten oder durch Mobilfunkdaten.
Bei letzterer gibt es eine Sonderform, bei der der Standort eines Mobilfunknutzers durch den Abstand zu drei in der Nähe befindlichen Funktürmen bestimmt wird. Bei beiden Methoden ist inzwischen festzustellen, dass die Zivilbevölkerung vielerorts die Kontrolle dieser Daten inzwischen nicht mehr selbst in der Hand haben und der Datenschutz nicht (mehr) gewährleistet ist.
Die Auswahlkritieren hat OneZero für die Liste nicht genannt, aber es ist wohl ein guter Querschnitt der größeren und stärker betroffenenen Länder. Auch Deutschland ist dabei. Es wird kurz der Umstand genannt, dass die Telekom unsere Bewegungsdaten in Massen und anonymisiert aggregiert und an das RKI leitet. Die Arbeit an der Bluetooth-Tracking-App, bei der ich selbst kritisch bin, dass sie sinnvoll Infektionskontakte abbilden kann, wird ebenfalls genannt.
Beim Durchlesen der Liste wird definitiv klar, dass Deutschland im internationalen Vergleich sehr gut abschneidet, was den Datenschutz angeht. Selbst im Vergleich zu unseren europäischen Nachbarn wirken die Maßnahmen unserer Regierung besonnen.
In Belgien verwendete die Brüsseler Polizei beispielsweise Drohnen, um die Vorsichtsmaßnahmen auf Englisch, Flämisch und Französisch anzukündigen. Der mutmaßliche Online Communications Officer Raphael-Antonis Stylianou titulierte diese Maßnahme in seinem Tweet besorgniserregend als eine „Episode von Black Mirror“. In den Kommentaren wird vermutet, dass die Drohne auch zur Überwachung eingesetzt wird. Bestätigen oder widerlegen konnte ich das durch meine Recherche nicht.
In today's episode of #BlackMirror, the Belgian Police @zpz_polbru flying a #drone in Parc du Cinquantenaire in #Brussels. The drone emits warnings through speakers, asking citizens to respect social distancing measures.
So, this just happened ?♂️ pic.twitter.com/yfDBSe3K4v— Raphael-Antonis Stylianou (@Stylianou_EU) March 21, 2020
Einen dezentralen Ansatz hat Russland. Die Mittel zur Überwachung sind nämlich in jeder Stadt unterschiedlich. In Moskau stehen offenbar hunderttausende Kameras zur Verfügung, die teils mit Gesichtserkennung ausgestattet sind, um Quarantänen durchzusetzen. Da aber nicht jede Stadt auf eine solch dichte Infrastruktur aufbauen kann, hat die Regierung, die Kommunalregierungen dazu aufgefordert, eigene Lösungen zu finden.
In der Stadt Nischni-Novgorod müssen Bürger eine App herunterladen, die einen QR-Code generiert. Mit diesem QR-Code dürfen sie sich für Einkäufe, Spaziergänge mit dem Hund und für Müllentsorgung eine bestimmte Zeit lang draußen aufhalten.
Dass China spätestens seit der Corona-Krise so ziemlich das gesamte Arsenal der Überwachung zur Schau stellt, dürfte für niemanden mehr eine großartige Neuigkeit sein. Drohnen, die bei uns nur befremdliche Einzelfälle sind, gehören dort zur legitimen Ausstattung der Polizei, mit der nicht nur Ansagen kontaktlos an die Bevölkerung geleitet werden, sondern die ganz offenkundlich auch zur individuellen Überwachung und Durchsetzung der Quarantäne durchgesetzt wurden, wie Videos im Netz bezeugen. Die Videos stammen zwar aus dem Januar oder Februar, da aber keine unabhängige Berichterstattung in China möglich ist, ist derzeit nicht klar, ob sich die Situation verbessert hat.
Berüchtigt ist auch die App, die Individuen vorzeigen müssen, wenn sie sich in bestimmten Bereichen und öffentlichen Plätzen aufhalten. Sie trackt die Bewegung der chinesischen Bürger und klassifiziert sie in drei Kategorien (grün, gelb und rot). Wer sich viel in Massen oder in gefährdeten Gebieten aufhält, wird dadurch als rot klassifiziert und darf sich nicht mehr in der Öffentlichkeit bewegen. Kritisiert wird die App für die Intransparenz bei der Kategorisierung.
Dauer der Krise ist unklar und genauso, ob die Überwachungsstrukturen erhalten bleiben
Zeiten der Angst und Zeiten der Krise rufen immer drastische Maßnahmen hervor. In den USA hat der 11. September zum Beispiel den Patriot Act hervorgerufen. Er erlaubt Polizeibehörden den Zugriff zu Kundendaten von Telekommunikationsdienstleistern, ohne dass ein Gericht dem Zugriff zustimmen muss. Edward Snowdens Warnung, dass wir gerade nachhaltig dabei sind, „die Architektur der Unterdrückung“ zu errichten, sind also nicht ganz bodenlos.