Update vom 24, Mai 2016: Nach der Abmahnung durch die Verbraucherzentrale NRW lenkt Unitymedia teilweise ein. In einer Unterlassungserklärung gegenüber der Verbraucherzentrale NRW verpflichtet sich Unitymedia die „Besonderen Geschäftsbedingungen WifiSpot“ nicht in der bislang an Bestandskunden kommunizierten Form anzuwenden und sie auch in diesen Punkten zu überarbeiten. Hier geht es vor allem um die erweiterten Pflichten der Kunden, den Router dauerhaft am Netz zu halten. Im Interview mit Heise erklärt der Unitymedia-CTO Dieter Vorbeck, dass die beanstandeten Regelungen missverständlich formuliert worden und nie so negativ gemeint gewesen seien.
Aber in einem zentralen Punkt will Unitymedia nicht nachgeben: Die automatische Aktivierung des WifiSpot auf den Routern beim Kunden. Hier steht Unitymedia auf dem Standpunkt, dass alleine dadurch das Vertragsverhältnis mit dem Kunden nicht tangiert wäre:
Die Freischaltung erfolgt mittels eines Software-Updates auf unseren Routern, die sich bei den Kunden befinden. Aus dieser Freischaltung ergeben sich keine Änderungen und keine Nachteile für unsere Kunden und ihre vertraglich von uns zugesicherten Leistungen. Der gebuchte Tarif des Kunden besteht weiter, es entstehen keinerlei Nachteile für den Kunden. Der WifiSpot geht nicht zulasten seiner gebuchten Bandbreite, er muss keine Haftung für eine missbräuchliche Nutzung des WifiSpots fürchten. Hier haftet im Fall der Fälle Unitymedia. Sein Vertragsverhältnis und seine vertraglich vereinbarte Leistung wird also nicht beeinträchtigt und bleibt unberührt. Deshalb ist aus unserer Sicht die rein faktische Freischaltung ohne ausdrückliche Zustimmung unserer Kunden rechtlich möglich. Dieter Vorbeck, CTO Unitymedia
Nachvollziehbar ist dieser Standpunkt sicherlich, noch offen ist, ob die Verbraucherzentrale NRW sich davon überzeugen lässt. Zumindest die Änderung der zusätzlichen Geschäftsbedingungen darf man aber in jedem Fall als einen Erfolg für die Kunden von Unitymedia werten. Sollte die Verbraucherzentrale sich jedoch beim Opt-In statt Opt-Out noch durchsetzen, dann dürfte das mindestens einen empfindlichen Dämpfer für das Produkt bedeuten.
Update vom 18. Mai 2016: Die Verbraucherzentrale NRW lässt ihrer Kritik konkrete Taten folgen und hat inzwischen Unitymedia abgemahnt. In ihrer Mitteilung begrüßt die Verbraucherzentrale die Einrichtung öffentlicher Hotspots ausdrücklich, spricht sich aber ganz klar gegen die Art und Weise aus, mit der Unitymedia dies tut: Statt den Kunden die Möglichkeit zu lassen, das zusätzliche WLAN-Signal auf ihren Routern für diesen Dienst zu aktivieren, aktiviert Unitymedia den Dienst direkt und verlangt von Kunden, die nicht mitmachen wollen, dass diese aktiv widersprechen. Zwar ist der Opt-Out recht einfach möglich – telefonisch oder online über das Kundencenter – das ändert aber nichts daran, dass es sich hier um eine einseitige Vertragsänderung handelt, mit der das Vertragsverhältnis nach Meinung der Verbraucherzentrale unzulässig erweitert wird.
Im Zweifel wird nun also demnächst ein Gericht über die Zulässigkeit der Aktivierung durch Unitymedia entscheiden müssen. Im für Unitymedia schlimmsten Fall wird diese Entscheidung zugunsten der Verbraucherzentrale ausfallen und der Dienst darf nur bei den Kunden aktiviert werden, die das aktiv beauftragen. Damit dürfte die Zahl der Hotspots deutlich schrumpfen. Es ist also eher unwahrscheinlich, dass Unitymedia der Abmahnung einfach so nachgibt.
Original-Beitrag vom 12. Mail 2016:
Im April hatte Unitymedia sein neues Produkt WifiSpot vorgestellt. An sich eine recht logische Sache: Der Kabelnetzbetreiber hat bei seinen Kunden Router stehen, die er kontrolliert, also erhöht man ein wenig die Bandbreite und aktiviert auf den Routern ein zweites WLAN für den Zugang aller Unitymedia-Kunden und alle sind glücklich. Naja, fast alle. Wobei, eigentlich ist im Moment keiner wirklich glücklich.
Zum einen sind da die Kunden und die Verbraucherschützer, dies es weniger spassig finden, dass Unitymedia diesen Homespot einfach mal aktiviert. Zwar kann man als Kunde dem widersprechen, aber das muss man erst einmal tun. Das sei nicht in Ordnung, sagen die Verbraucherschützer, die Kunden müssten diesem Dienst explizit zustimmen, bevor er an ihrem Anschluss aktiviert wird und eben nicht der Aktivierung widersprechen. Unitymedia sieht das anders. Man sei natürlich der Meinung, dass die Mehrheit der Kunden diesen Dienst als Mehrwert empfinde und natürlich wolle. Und um es dieser angenommenen Mehrheit der Kunden möglichst einfach zu machen, aktiviert man den Dienst eben erst einmal. Wenn man sich die Werbung für den Dienst anschaut, dann fällt einem noch ein möglicher Grund für dieses Vorgehen ein: Man wirbt mit „mehrere[n] 100.000“ WifiSpots – das geht natürlich nur, wenn man diese eben einfach mal aktiviert und nicht darauf wartet, dass die Kunden dies selbst tun.
Und dann sind da die besonderen Geschäftsbedingungen für dieses Produkt, die es dem Kunden untersagen, „die Nutzung seines Homespots zu beeinträchtigen oder zu unterbinden“. Was genau das heißen soll? Wird sich wohl noch zeigen, wenn der erste Kunde seinen Router im Urlaub abschaltet, denn weiter heißt es dort: „Wenn der Kunde die ihm obliegenden Pflichten erheblich und anhaltend verletzt, ist der Anbieter berechtigt, den Zugang des Kunden zu WifiSpot umgehend zu sperren, insbesondere, wenn der Kunde die Nutzung seines Homespots nicht nur kurzfristig, z. B. zum Neustart des Routers, beeinträchtigt oder unterbricht.“ Vielleicht muss es auch nicht so lange dauern, ich kenne Menschen, die ihren Router vom Strom trennen, wenn sie nicht daheim sind. Spart schließlich Strom. Mit WifiSpot könnte so ein ökologisch vorbildliches Verhalten durchaus zur Vertragskündigung führen. Und als wäre das nicht genug, hält man mit diesem Dienst den Routenzwang zurecht, der ja eigentlich weg fällt.
Dabei ist das Produkt grundsätzlich wirklich eine gute Idee: Als Kunde von Unitymedia kann ich so das Internet per Wifi-Hotspot überall dort nutzen, wo ein anderer Unitymedia-Kunde nahe genug dran ist, der diesem Dienst nicht widersprochen hat. Eigentlich praktisch. Und selbst muss ich nicht mal meine Bandbreite teilen, da Unitymedia einfach ein bisschen was für WifiSpot drauf legt. Und die Störerhaftung – noch gibt es sie ja – ist auch kein Thema, dafür ist Unitymedia zuständig. Also eigentlich eine wirklich gute Sache, wäre da die Zwangsaktivierung nicht. Andererseits ist es durchaus fraglich, dass es ohne diese besonders viele Hotspots gäbe – oder wie viele Telekom-FON-Hotspots sind euch bislang so begegnet?
Aber Unitymedia ist auch nicht so recht glücklich. Natürlich freuen sie sich über ihr neues Produkt, wie es sich gehört, aber über das angekündigte Ende der Störerhaftung sind sie alles andere als glücklich. Kann man ja auch irgendwie nachvollziehen: Da bauen die so ein Wifi-Netzwerk auf, übernehmen die Verantwortung als Provider und dann soll die Störerhaftung einfach wegfallen und womöglich jeder einfach so, ohne Registrierung der Nutzer, sein WLAN teilen dürfen ohne befürchten zu müssen, von Abmahnanwälten um den letzten Cent erleichtert zu werden? Das ist aus Sicht von Unitymedia – und anderen Anbietern – ganz sicher nicht fair. Die finden das nicht nur unfair, die fühlen sich sogar diskriminiert:
Um solche Investitionen nicht zu entwerten, muss jetzt aber nicht nur das TMG geändert werden, sondern auch das TKG: Dieses verpflichtet nämlich Betreiber von großen öffentlichen Wifi-Netzen unabhängig von der Störerhaftung trotzdem, die Nutzer in einer geeigneten Weise zu registrieren. Wird diese Regelung nicht ebenfalls abgeschafft, besteht weiter eine Hürde zur Nutzung von freiem WLAN und große Betreiber, die massiv investiert haben, werden gegenüber kleinen oder auch privaten Betreibern von Hotspots diskriminiert, da diese keine Registrierung ihrer Nutzer vornehmen müssen. Unitymedia Politik
Diese Sichtweise kann ich nachvollziehen, andererseits ist bis jetzt noch kein Entwurf für das Gesetz zur Abschaffung der Störerhaftung zu sehen, es weiß also kaum jemand, wie das dann wirklich umgesetzt wird und ob nicht doch noch ein paar Hintertüren gelassen werden, die die schön und freie neue Hotspot-Welt in Deutschland nicht ganz so schön und frei macht, wie fast jeder heute hofft. Aber wenn andere sich schon mal freuen, ohne zu wissen, wie die genaue Umsetzung aussieht, dann können andere ja schon mal prophylaktisch jammern.