Seit einiger Zeit kommt es einem vor, als hätte die CSU klimatechnisch Kreide gefressen. Zumindest klingt ein Markus Söder mittlerweile komplett anders als noch vor Monaten, wenn er seine Pläne zum Klimaschutz formuliert. Jetzt haut sein Parteikollege Andreas “Die Maut kommt” Scheuer in die gleiche Kerbe und wird damit plötzlich auch zum Umweltschützer.
Konkret geht es um ein Papier, in welchem ein neues Verkehrskonzept auf den Weg gebracht werden soll. Das Konzept steht auf mehreren Säulen und jede dieser Säulen hat nicht nur die Verbesserung des Verkehrsnetzes im Blick, sondern dabei immer auch die Nachhaltigkeit. Das Verkehrsministerium will nun also ernst machen, wenn am 20. September das “Klimakabinett” seine konkreten Pläne veröffentlicht.
Was genau schwebt Scheuer da vor? Okay, ganz genau kann man es insofern nicht sagen, weil das vorliegende Papier wohl noch nicht final ist, der ein oder andere Punkt also gestrichen oder modifiziert werden könnte. Bestätigt ist jedenfalls, dass Scheuer plant, Milliardensummen zu investieren, unter anderem in den Ausbau des Nahverkehrs und damit verbunden eine Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene, aber auch in die Förderung der Elektromobilität.
Für den Ausbau bzw. Neubau des Schienennetzes soll der zur Verfügung stehende Betrag auf drei Milliarden Euro verdoppelt werden. Außerdem haut die geplante Mehrwertsteuersenkung fürs Bahnfahren eine mächtige Delle ins Konto: Bis 2023 sollen hier nämlich rund 2,2 Milliarden Euro an Kosten anfallen, bis 2030 summiert sich das auf 6,4 Milliarden Euro.
Neben der Schiene steht auch die Elektromobilität im Fokus. Das wird sich darin äußern, dass bis zum Jahr 2030 die Hälfte der Busse elektrisch betrieben werden — zumindest laut Planung. Außerdem will man die Kaufprämie für E-Autos anheben, was ebenfalls zu Summen in Milliardenhöhe führt. Bis 2023 ist hier die Rede von 2,6 Milliarden Euro, bis 2030 sind es 3,6 Milliarden Euro. Das ist schon mal alles eine Menge Holz, was da an Geld angepeilt wird, aber Scheuer hat noch ein paar Pfeile mehr im Köcher. So sollen “für die Förderung von Erzeugungsanlagen von alternativen und umweltfreundlicheren Kraftstoffen” bis 2030 laut diesem Papier nochmal bis zu rund zwölf Milliarden Euro locker gemacht werden und auch die Radfahrer hat man im Blick: Radschnellwege an Bundesstraßen sollen ebenfalls ausgebaut werden.
Wenn ihr mich fragt, sind unter diesen Punkten ein paar sehr richtige und wichtige Ideen vorhanden. Fragt sich dann eben nur, was dann ab dem 20. September auch als finales Ziel ausgegeben wird, um das Klima-Ruder noch bis 2030 rumreißen zu können.
Mir ist schon klar, dass die CSU nicht plötzlich mit versammelter Mannschaft vom Baum der Erkenntnis genascht hat und deswegen jetzt zur Klima-Partei umsatteln. Meiner Meinung nach sieht man lediglich, dass dieses Thema mehr und mehr verfängt und so wie man vorher ganz bewusst der AfD sehr ähnlich klang, klingt man nun plötzlich wie die Grünen. Das halte ich grundsätzlich für kein funktionierendes Modell für Parteien, weil der Wähler sich zumeist für das Original entscheiden wird. Aber wenn dieses Vorgehen zur Abwechslung mal dazu führt, dass das seit Jahren von CSU-Ministern geführte Verkehrsministerium nach diversen Pleiten endlich mal ein paar richtige Dinge auf den Weg bringt, will ich mich nicht beschweren. Wenn die CSU im Endeffekt dazu beiträgt, dass Deutschland seine Klimaziele erreicht, fragt hinterher vermutlich niemand mehr, ob das die neu entdeckte Liebe zur Natur bewirkt hat oder ob es doch lediglich Kalkül war.
Und ja: Es häufen sich da tatsächlich viele Milliarden Euro an und man darf da zurecht daran zweifeln, dass das alles genau so bewilligt wird. Aber meines Erachtens muss man jetzt auch tatsächlich mal viel Geld in die Hand nehmen, weil Klimaschutz eben nicht verhandelbar ist und uns alle Versäumnisse jetzt in Zukunft noch deutlich teurer zu stehen kommen würden.
via t3n