Die Erstellung oder Weitergabe von pornografischem Material ist in Indien illegal. Doch Vergewaltigungen, wie die der jungen Frau, sind keinesfalls Einzelfälle. Allein im Jahr 2016 seien in Indien insgesamt 40.000 Vergewaltigungen gemeldet worden, berichtet die Thomson-Reuters-Stiftung in einer Studie. Zwischen den Jahren 2007 und 2016 habe die Zahl der Verbrechen gegenüber Frauen um mehr als 80 Prozent zugenommen. Und viele dieser Gewalttaten werden auf Video festgehalten, da es heute mit einem Smartphone in der Tasche natürlich deutlich einfacher ist. Handy raus, Kamera draufhalten, fertig.
Nun kursiert die Annahme, dass Smartphones einen einfachen Zugang zu gewalttätigen Pornos bieten, das berichtet zumindest BBC. In dieser Annahme steckt die Sorge, dass diese Videos zu einem zweifelhaften Verständnis von Sex und Beziehungen führen und darunter leiden dann einmal mehr die Frauen – ein Teufelskreis. Bei einer Umfrage der BBC in indischen Dörfern, gaben einheimische Jungs freiwillig zu, dass sie sich Videos von Belästigung und Vergewaltigung angesehen hätten. Ein 16-Jähriger sagte, er habe mehr als 25 solcher Videos gesehen und seine Freunde würden sie oft über ihr WhatsApp teilen.
„Die meisten Jungen in meiner Klasse schauen sich diese Videos zusammen oder manchmal alleine an“, sagte ein anderer Junge. „Es fühlt sich gut an, weil jeder es tut.“ Fachleute für Frauenrechte konnten beobachten, dass so viele junge Männer mit dem Geschlechtsverkehr vertraut gemacht werden.
„Wenn Menschen nur gewalttätige sexuelle Inhalte sehen, ist das sehr desensibilisierend, weil sie anfangen zu glauben, dass Gewalt der einzige Weg ist, um Freude zu bekommen, und dass die Zustimmung der Frau unwichtig ist.“ Filmemacherin und Autorin Paromita Vohra
Die erste Devise wäre natürlich, gewalttätige Pornos zu verbieten. Das hatte im Jahr 2015 sogar ein Gericht gefordert, nachdem eine Gruppe Männer ein Schulmädchen vergewaltigten und diese Idee angeblich aus einem pornografischen Video hatten. Danach verhängte der oberste Gerichtshof ein Verbot für Websites mit gewalttätiger Pornografie, doch dieses wurde aufgrund von weit verbreiteten Protesten fast sofort widerrufen. Aber ist das Verbot von Pornos wirklich die Lösung aller Dinge?
Ich denke, nein, denn Leute werden immer einen Weg finden, Pornos anzusehen – wie das Verbreiten über WhatsApp gut zeigt. Dazu ist nicht mal eine Webseite nötig, sondern einfach nur eine geeignete Plattform. Meiner Meinung nach, liegt der Schlüssel in einer entsprechenden Sexualerziehung, denn gewalttätiger Sex ist oftmals ein Zeichen von Unverständnis von Beziehungen oder kann auch kulturell bedingt sein. Die indische Regierung hatte diesen Denkansatz bereits vor knapp 10 Jahren mit einem Jugend-Programm angestoßen und versuchte über Geschlecht, Sexualität, sexuell übertragbare Krankheiten und Drogenmissbrauch aufzuklären. Die Umsetzung des Programms bleibt jedoch weiterhin eine Herausforderung.
„Keiner ist besorgt über diese Videos. Wenn die Leute auch nur ein wenig Respekt vor diesen Mädchen hätten, wären sie zur Polizei gegangen, anstatt solche Videos zu teilen. Wenn diese weiter zirkulieren und wir keine Sexualerziehung haben, dann wird es das Denken ermutigen, dass eine Frau als Objekt, als Quelle der Unterhaltung behandelt werden sollte.“ Sunita Krishnan, Gründerin von Prajwala (Frauenrechte und Menschenhandel)
via: BBC