Jede Revolution scheint heutzutage ihr eigenes Medium zu haben. So war es zum Beispiel beim arabischen Frühling vor allem Twitter, während bei der Regenschirm-Revolution in Hong Kong vor allem Facebook eine wichtige Rolle spielte. Dass das Internet für die Regierung eine Gefahr ist, hat diese im Fall von Weißrussland auch erkannt. Daher hat die Regierung den breiten Zugang zum Internet weitgehend blockiert.
Die Weißrussen können VPNs zwar weiterhin auf das Internet zugreifen, doch völlig unbetroffen von der Sperre ist Telegram. Daher hat es sich zum wichtigsten Medium für die weißrussische Opposition ausgebildet. In den sogenannten Channels und Gruppen organisieren sich Millionen von Weißrussen. Bemerkenswert für ein Land, das 9,5 Mio. Einwohner hat.
Eine wichtige Rolle spielt dabei die politische Newsseite Nexta. Als Oppositionsmedium war es schon lange vor der vergangenen Wahl eine wichtige Stimme gegen die Regierung unter Lukashenko. Seit der Sperre des Internets hat sich das Nachrichtenportal aber zu einem richtigen Flaggschiff des Widerstands entwickelt. Über 2,14 Mio. Abonennten hat der Hauptchannel von Nexta auf Telegram. Ein Nebenchannel immerhin noch 765.000 Abonennten.
Eine positive Entwicklung, da das Medium im Vergleich moderat und vernünftig kommuniziert und argumentiert. In anderen Channels, die teilweise zur Organisation der Proteste genutzt werden, ist der Ton wesentlich emphatischer und hört sich zuweilen auch radikal an.
Dennoch ist die Opposition nach mehreren Wochen Protesten auffällig professionell organisiert. Vergleichbar vermutlich mit den Protesten, die hierzulande zum Ende der DDR-Diktatur führten. Seit dem 9. August steht das Ergebnis der Wahlen fest – mit angeblich 79% soll Lukaschenko die Wahl gewonnen haben.
OSZE-Wahlbeobachter reisten für die Wahl gar nicht erst an. Vieles scheint daraufhin zu deuten, dass die Wahl gefälscht worden ist. Mit Sicherheit wurden aber Verhaftungen und andere Repressionen gegen Oppositionskandidaten und Journalisten eingesetzt, die das Ergebnis der Wahl schon im Vorfeld fragwürdig gemacht hatten. Zur Zeit scheint die Opposition die Kontrolle in Minsk und auf der Straße zu haben – eine Entwicklung, die ohne Telegram vermutlich anders verlaufen wäre.