Das Weltwirtschaftsforum ist nicht nur dafür bekannt, dass es einmal jährlich in Davos zu einem Gipfel lädt, bei dem führende Köpfe aus Politik, Industrie und Kultur aufeinandertreffen, sondern u.a. auch für seine jährlichen Berichte zur Wettbewerbsfähigkeit, dem “Global Competitiveness Report”. Jetzt legt das WEF die Ausgabe für 2019 vor und der zeichnet ein Bild von Deutschland, welches sicher nicht hoffnungslos ist, dennoch aber in einigen Punkten Sorgen bereiten sollte.
Im letzten Jahr konnte sich Deutschland unter den 141 bewerteten Ländern einen wirklich guten dritten Platz sichern — in diesem Jahr reicht es nur für Rang Sieben. Klar, damit liegt man immer noch sehr gut im Rennen, was Wettbewerbsfähigkeit angeht, aber keine Nation auf den Spitzenrängen hat seit letztem Jahr so viele Plätze verloren.
Auch die USA hat in diesem Jahr einen Platz verloren und tauscht mit Singapur die Plätze, was bedeutet, dass diese beiden Nationen auch dieses Jahr die beiden Spitzenplätze belegen. Auf Rang Drei hinter den USA liegt nun aber Hong Kong. Auf der Grafik seht ihr, dass auf den Plätzen dahinter die Niederlande als bestes europäisches Land vertreten ist, generell sogar insgesamt sechs europäische Nationen in den Top Ten vertreten sind.
Ihr könnt an der Grafik auch ablesen, wie deutlich diese zehn Nationen oberhalb des Durchschnitts liegen, der bei 61 von 100 Punkten liegt. Singapur führt die Liste mit 84,8 Punkten an, Deutschland ist da mit 81,8 Punkten (2018 noch 82,8 Punkte) gar nicht mal so weit weg, allerdings liegen Schweden, Großbritannien und Dänemark (alle 81,2 Punkte) nur hauchdünn hinter uns. Ganz am Ende liegen — wenig überraschend — der Kongo, Jemand und Tschad und auch Venezuela findet sich mit Platz 133 ziemlich weit hinten wieder, obwohl das Land sehr rohstoffreich ist. China ist übrigens mit Platz 28 auch ziemlich weit weg von der Spitze.
Deswegen warnt das WEF auch vor den großen Unterschieden bei der Wettbewerbsfähigkeit, da wirtschaftliche Verwerfungen bei den Handelskriegen und die generell veränderte geopolitische Lage diese Gräben noch weiter vertiefen könnten. So wird beispielsweise auch Singapur als eines der Länder genannt, welches von den Handelskriegen sogar profitieren konnte.
Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland: Innovation hui, IT pfui
Aber schauen wir mal auf Deutschland: Was die Innovationsfähigkeit angeht, bescheinigt das WEF Deutschland wieder absolute Spitzenwerte. Wir sind führend bei Patentanmeldungen, in der Makroökonomie und — für viele vermutlich überraschend — auch bei der “Zukunftsorientierung der Regierung”, wo man auf Platz Zwei landet. Zu letzterem gehört die Regulierung in der Energiewirtschaft, aber auch die politische Stabilität. Insgesamt gibt es über 100 verschiedene Indikatoren, die hier für den Report bewertet wurden und 18 mal konnte sich Deutschland gegenüber 2018 verbessern. Allerdings hat man sich auch bei gleich 53 Indikatoren verschlechtert.
Wir sind nach wie vor eine besonders innovative Nation, was sich nicht nur nach angemeldeten Patenten misst, sondern auch danach, wie schnell man auf Veränderungen reagieren kann und wie komplett diese Innovationen von der ersten Idee bis zur Produktion und Vermarktung entwickelt werden.
Deutlich schlechter sieht es da beim Komplex “IT” aus, wo Deutschland lediglich Platz 36 belegt und dort besonders bei den Breitband- (Platz 58) und Glasfaseranschlüssen (Platz 72). Das wiederum überrascht hierzulande wohl niemanden, wenn selbst die Regierung einräumt, dass man hier viele Versäumnisse zu beklagen hat.
Das finde ich dabei auch besonders ärgerlich: Der Breitbandausbau steht seit so vielen Jahren auf der Agenda und es wurden immer wieder vollmundige Versprechen gemacht, die dann in der Folge kolossal verpasst wurden. Mit 5G steht die nächste Schlüsseltechnologie mehr in als vor der Tür und wir laufen Gefahr, dass wir weiter an Wettbewerbsfähigkeit verlieren, wenn wir nicht an diesem Punkt Boden gut machen können.
Der Bericht hält weitere Indikatoren dafür bereit, dass man es gerade Unternehmensgründern in Deutschland nicht leicht macht (Kosten für den Aufbau eines Geschäfts: Platz 72, Anzahl der Tage bis zum Start einer Unternehmung: Platz 47). Mit dem nur wenig konkurrenzfähigen Stand bei den Breitband- und Glasfaseranschlüssen legt die Regierung der Wirtschaft zusätzliche Steine in den Weg.
Alles in allem können wir dem Bericht und dem Index des World Economy Forums entnehmen, dass wir in Deutschland uns ganz sicher nicht verstecken müssen, sowohl im Gesamtüberblick als auch in einzelnen Kategorien, die tatsächlich hoffen lassen. Aber es gibt eben auch ein paar Punkte, die einem Sorgen bereiten müssen und wo Deutschland gegensteuern muss, um nicht schon nächstes Jahr aus der Top Ten zu purzeln und weiter an Wettbewerbsfähigkeit einzubüßen.
Persönlich glaube ich fest daran, dass Wissenschaft und Industrie gleichermaßen viel mehr zuzutrauen ist, als wir in diesen Tagen manches mal das Gefühl haben. Die Regierung muss sie nur endlich mal von der Leine lassen.
Quelle: World Economy Forum via FAZ und t3n