Manchmal möchte man „Mäuschen spielen“ bei Gesprächen und für nicht wenige dürften die Jury-Beratungen im Fall Oracle vs. Google zu diesen Gesprächen gehört haben. Immerhin wurde ja auch ausführlich spekuliert, wie es zur Entscheidung in der Frage der Copyrightverletzungen gekommen ist. Vermutet wurde hier eine Mehrheit innerhalb der Jury, die den Argumenten Oracles folgte und einige wenige, die auf Seiten von Google waren. So war es aber nicht, zumindest wenn man den Aussagen des Jury-Obmanns Greg Thompson glauben möchte, der sich kurz nach der Verkündung des Urteils rund 20 Minuten lang den Fragen von Journalisten stellte.
Foto: Scott Jones, Lizenz: CC BY-NC-SA 2.0
Oracle und deren Anwälte dürfte dabei gar nicht gefreut haben zu hören, was Greg Thompson da sagte. Die Jury sei während des ganzen Verfahrens Pro-Google gewesen und er selbst sei zeitweise der einzige in der Jury gewesen, den die Argumente von Oracle überzeugten. Demnach war Oracle offenbar zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens auch nur in der Nähe eines möglichen Siegs gewesen.
Gar nicht lage diskutiert wurde in der Jury die Frage, ob Google das Copyright verletzt habe: Die Frage nach der Verletzung war für die Jury durch die klare Vorgabe des Richters bereits beantwortet. Richter Alsup gab vor, dass davon auszugehen sei, dass die Java APIs geschützt seien. Daher konzentrierte sich die Jury auf die Frage, ob es sich bei dieser Verletzung um eine legale Ausnahme nach dem „Fair Use“-Prinzip und ob es sich bei dem fraglichen Code eher um ein funktionales oder ein kreatives Werk handeln würde. Die Meinung, es handle sich eher um ein funktionales Werk sprach dann für eine „Fair Use“-Ausnahme und damit für Google.
Natürlich kann auch der Jury-Obmann nicht in die Köpfe anderer Jury-Mitglieder schauen, die sich selbst nicht gegenüber der Presse geäußert haben, aber seid Eindruck war, dass es durchaus Punkte gab, mit denen Googles Anwälte bei der Jury nicht so gut ankamen. Zum Beispiel beriefen sie sich nach Meinung der Jury zu sehr auf den Gratulationspost des damaligen Sun-Chefs Jonathan Schwartz zum Start von Android – sich auf ein Blogposting zu beziehen wäre keine Grundlage für Geschäfte.
Schwierig war es laut Greg Thompson auch mit den technisch versierteren Mitgliedern der Jury. Je mehr jemand von Technik verstünde, desto schwieriger sei es die Person von etwas zu überzeugen, was den technologischen Fortschritt einschränken könnte.
Auch bei der Frage der Patentverletzungen wäre von Anfang an eine Mehrheit der Juroren auf der Seite von Google gewesen, einige waren unentschieden, aber das änderte sich schnell und Thompson war der alleine mit seiner Pro-Oracle-Auffassung. Keine wirkliche Hilfe sollen dabei die kurzen Antworten des Richters auf technische Fragen – viele davon von Thompson selbst gestellt – gewesen sein, da sie auf verschiedene Arten zu interpretieren gewesen seien. Letztlich habe sich Thompson überzeugen lassen, dass Oracle nicht die nötigen Beweise gebracht hätte und Google hier aus dem Schneider sei. Trotz der Kontroversen sei die Stimmung innerhalb der Jury aber nicht schlecht gewesen.
In diesem Verfahren steht jetzt noch eine dritte Phase an, hier muss der Richter entscheiden ob und in welcher Höhe Google gegenüber Oracle zum Schadensersatz verpflichtet ist. Ob die Auseinandersetzung damit endgültig zu einem Ende kommt ist aber eher fraglich. Gegenüber The Verge haben sich Google und Oracle inzwischen auch zu dem Ausgang des Verfahrens geäußert und es scheint nicht so, dass Oracle gewillt ist, die Sache so enden zu lassen, wie es sich derzeit darstellt: Maximal ein blaues Auge für Google und eine ganz böse Blamage für Oracle.
Das Statement von Oracle:
Oracle presented overwhelming evidence at trial that Google knew it would fragment and damage Java. We plan to continue to defend and uphold Java’s core write once run anywhere principle and ensure it is protected for the nine million Java developers and the community that depend on Java compatibility.
Und von Google:
Today’s jury verdict that Android does not infringe Oracle’s patents was a victory not just for Google but the entire Android ecosystem.
Quellen: arstechnica, The Verge