Der in wenigen Wochen beginnende Mobile World Congress wird uns auch offenbarende Weise vor Augen fuehren wie langweilig die traditionellen OEMs inzwischen sind. Die naechste mobile Revolution kommt aus China und wird 2014 auch auf Europa uebergreifen.
Es ist wieder so weit. Ab dem 24. Februar trifft sich die Mobile-Branche im Katalonischen Barcelona und laesst neben den neuesten Handsets auch eine Marketing-Maschinerie auf uns los, die auch 2014 in Superlativen schwelgen wird.
Mehr Performance, bessere Kamera-Sensoren, mehr Arbeitsspeicher, staerkere Akkus und das ultimative Totschlagargument dieser „Saison“: 1440p-Displays, die auch gerne mal Quad HD-Screens genannt werden, ohne jedoch nur ansatzweise eine vierfache Aufloesung gegenueber den „klassischen“ 1080p-Display aufzufahren.
Parallel dazu werden wir von den fuehrenden Anbietern mit allerlei nuetzlicher, aber vor allen Dingen auch ueberfluessiger Software versorgt, die ueber die marginalen Hardware-Updates hinwegtaeuschen soll und uns die naechste Generation als das „next big thing“ darstellt. I am impressed…. not!
Bevor ich mich als zynischer Kritiker der Branche aeussere…. hey, ich kann es gar nicht erwarten in den Flieger nach Barcelona zu steigen und die neuesten Smartphones und Tablets auszuprobieren aber wie bereits in meiner Analyse vom letzten Jahr, werde ich wohl auch ueber den MWC 2014 aehnlich enthusiastisch berichten wie ueber das Jahrestreffen der Nekoleptiker. Es scheint als wuerden die in Barcelona verteilten Valium-Pillen eine ausgezeichnete Langzeitwirkung entfalten.
Fingerabdruck-Sensor, Iris-Scanner, 64-bit SoCs und natuerlich das unvermeidliche NFC (ich freu mich schon wieder auf die Einlasschranken des MWC, wenn dort wieder verzweifelt versucht wird via NFC und Event-App Zugang zu bekommen)… ja verdammt noch einmal was brauche ich denn davon wirklich?
China gibt die Richtung vor
Wenn wir mal ganz ehrlich sind, dann sind die durchschnittlichen Anforderungen an ein „gutes“ und vor allen Dingen auch taeglich nutzbares Smartphone recht fundamental:
- Ordentliche Akkulaufzeit („all day“)
- Min. Quadcore Cortex-A7 Performance
- Eine ordentliche Kamera
- 5-inch Display mit min. 720p-Aufloesung
- huebsches Design und wertige Verarbeitung
- wenig Bloatware
- Ein Preis von unter 250 Euro
Das hoert sich alles ganz schwer nach einem Einsteiger-Smartphone an aber genau das sind die Spezifikationen der kommenden Smartphone-Generation. Insbesondere Motorola (Motorola Moto G Testbericht) hat uns vor Augen gefuehrt, wie fundamental und guenstig ein richtig gutes Smartphone sein kann. Jetzt zieht die Konkurrenz nach und das liegt vor allen Dingen an den Chinesischen Herstellern.
Nehmen wir einmal das Xiaomi MI3, welches so fast gar nicht in die von mir o.a. Definition passen will. Es ist teurer (umgerechnet 270 Euro), wird mit einem Tegra 4 Quadcore ausgeliefert, hat eine tolle 13MP Kamera und ein 1080p-Display. Es zeigt aber vor allen Dingen, was die Chinesische Industrie da auf uns zurollen laesst:
Tolles, eigenstaendiges Design und eine Verarbeitung, die man in der Preisklasse bei all den Samsungs, Sonys, Apples und HTCs vergeblich sucht. Schaut man sich an wie Xiaomi den Chinesischen Markt erstuermt und sein 98 Euro Red Rice Smartphone unter das Volk bringt, dann mag man sich gar nicht ausmalen wie die Konkurrenz schwitzte als der Wechsel von Hugo Barras zu den Chinesen verkuendet wurde.
Oder was ist mit Oppo, die mit dem N1 zeigen wie man ein Phablet mit einer innovativen Kamerafunktion aufwertet, die insbesondere die Generation Instagram mit dem ultimativen „Selfie“-Instrument ausstattet:
Vivo, die mit dem Xplay 3S den Reigen der 1440p-Smartphones bereits auf der zurueckliegenden CES eroeffneten:
Oder Meizu, die ebenfalls auf der CES 2014 ihren ersten Auftritt auf einem westlichen Showfloor meisterten:
Huawei, Lenovo und ZTE habe ich bisher gar nicht genannt, gehoeren diese Firmen doch im Vergleich zu den zuvor genannten „jungen Wilden“ bereits zum Chinesischen Establishment und sind nicht erst seit gestern ausserhalb des Reiches der Mitte bekannt.
Ja selbst ASUS hat inzwischen die Zeichen der Zeit erkannt und mit seinem ZenFone 4 ein Smartphone vorgestellt, welches ausgezeichnetes Design und fuer den Preis zuvor nie gesehene Verarbeitungsqualitaet zeigte. 99 Euro fuer ein Smartphone von einem Taiwanesischen Premium-OEM! Hallo?
2014 – The Year of the Copycats
Kann sich noch jemand an die 2011er Apple iPad 2 Vorstellung erinnern? Steve Jobs redete sich damals um Kopf und Kragen als er diese 12 Monate zum „Year of the Copycats“ erklaerte:
um danach die neueste Variante vom hauseigenen iOS zu praesentieren, welches sich so ziemlich bei jedem mobilen Betriebssystem der Konkurrenz bediente, welches sich nicht bei 3 hinter einer Armada von Patentanwaelten verstecken konnte:
Lesenswert: Acht von Zehn iOS 5 Features sind geklaut
Wenn ein Bildschirm mit abgerundeten Ecken eine Kopie darstellt, dann wird auch 2014 ein Jahr der Copycats werden. Jedoch werden sich die etablierten Hersteller nicht mehr an Apple orientieren, sondern schauen auf all die Xiaomis, Vivos, Meizus und Oppos, die die Richtung in Zukunft vorgeben werden.
Was Motorola mit dem Moto G vorgemacht hat, werden wir in diesem Jahr auf breiter Front und vor allen Dingen auf einem voellig neuen Level sehen. Mit dem MediaTek Octacore liefert die Taiwanesische Industrie einen potenten und vor allen Dingen auch extrem guenstigen SoC fuer das Chinesische Oekosystem. Die regionalen Designer orientieren sich nicht mehr an den Samsungs und HTCs dieses Planeten und die Moeglichkeit extrem guenstig zu produzieren tut ihr uebriges.
Die Zukunft des Smartphones wird nicht in Cupertino oder Seoul definiert, sondern in Peking und Shenzhen.