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Ausfahrt Aston Martin DB11 – eine Wochenend-Romanze

geschrieben von Mark Kreuzer

Die Automobilindustrie ist in einer Phase des Umbruchs, viele verknüpfen diesen Umbruch mit selbstfahrenden Fahrzeugen und Elektromobilität als die Zukunft der Mobilität. Meiner persönlichen Meinung nach ist noch längst nicht klar, ob Elektroautos wirklich alle Transport- und Mobilitätsprobleme der Zukunft lösen werden. Ich glaube auch nicht, dass wir zur Zeit auf eine disruptive Veränderung der Automobilindustrie zusteuern, den der Begriff Disruption wird in letzer Zeit viel zu inflationär und auch oft falsch benutzt. Denn vieles, was uns Hersteller – und damit meine ich längst nicht nur die Automobilindustrie  Yes I’m looking at you Apple – als Revolution versuchen zu verkaufen, ist nur eine ordinäre Evolution (Weiterentwicklung).

Seitenansicht Aston Martin Divine Red

Faszination Auto – Aston Martin DB11

Auf der Suche nach einem Auto, das den Spagat zwischen Klassisch und Modern schafft, bin ich auf Aston Martin gestoßen und habe mich – einem Impuls nach – um einen Testwagen bemüht. Sehr zu meinem Erstaunen habe ich auf meine E-Mail eine Antwort bekommen und keine 4 Wochen später wurde der Aston Martin DB11 mit einem V8-Motor mit 510 PS bei für eine Wochenend-Ausfahrt ausgeliefert.

Bei einem Basispreis von 180.000 € ist es natürlich nicht verwunderlich, dass Aston Martin bei seinen Regeln ein wenig strikter ist als viele andere Autohersteller. Ich würde den Wagen nur für die kurze Zeit von 3 Tagen erhalten und auch bei den maximal erlaubten Fahrkilometern gab es eine – wie sich später noch herausstellen sollte schmerzhafte –  Beschränkung.

 

Tag 1: Liebe auf den ersten Blick

Als Geek bin ich ja eigentlich kein Romantiker, aber wenn es so etwas wie Liebe auf den ersten Blick gibt, dann hat es mich beim ersten Anblick des DB11 direkt erwischt. Natürlich hatte ich mich im vorhinein über den Wagen informiert, aber zwischen dem, was ich im Internet gesehen hab und dem, was bei mir auf den Hof gerollt kam, liegen Welten.

Alles was ich erwartet hatte, wurde um Meilen übertroffen. Die Schönheit und Eleganz des Aston Martin ist auf Bildern kaum einzufangen. Mir war sofort klar, dass ich dies selber gar nicht probieren brauche, den dafür bin ich ein zu dilettantischer Fotograf. Also habe ich meine Pläne für das Wochenende erst mal direkt über den Haufen geworden und meinen Fotografen-Freund Jonas Speck angerufen. Wir haben uns direkt für den Samstag verabredet und uns auch beide für den Tag nichts anderes vorgenommen.

Eine Beziehung sollte man ja eigentlich langsam angehen. Aber manchmal ist das einfach zu viel verlangt. Nachdem ich ein paar sehr schöne Momente des ersten Kennenlernens mit dem Aston Martin verbracht habe, musste ich ihn direkt meiner Familie, meinen Kollegen und meinen Freunden vorstellen.

Um für das Fotoshooting am nächsten Tag gut vorbereitet zu sein, bin ich extra noch zum Friseur gefahren und habe das Auto abends getankt und gewaschen. Der Plan war, früh ins Bett zu gehen und dann Samstag morgens früh und ausgeschlafen ans Werk gehen zu können.

Natürlich hat es nicht geklappt und ich bin spät abends noch zu einem Freund gefahren, um den DB11 auf der leer gefegten Autobahn und durch die Nacht zu fahren.

V8 Motor des Aston Martin DB11

Im Fokus des ersten Tages stand primär das Fahrerlebnis für mich. Der Acht-Zylinder-Motor ist eine Organspende von Mercedes, die den Motor aus dem AMG GT an Aston „gespendet“ haben. Der Motor wurde von Aston Martin überarbeitet und hat 510 PS mit einem maximalen Drehmoment von 675 Newtonmetern. Der Aston Martin DB11 V8 soll kein Hardcore-Sportwagen sein. Im Normalen Fahrprogramm mit dem Namen „GT“ fährt er sich sehr zivilisiert. Natürlich habe ich den ersten Tag primär im „Sport“- und „Sport +“-Programm verbracht. Auch das Fahrwerk kennt drei unterschiedliche Härtestufen. Mein persönliches Fazit nach dem ersten Tag ist, dass bei dem DB 11 die Waage ein klein wenig mehr in Richtung Sportwagen als in Richtung Grand Turismo ausschlägt. Wobei dieser Ausschlag wirklich nur minimal ist und der Wagen den Spagat zwischen den beiden unterschiedlichen Welten sehr gut beherrscht.

 

Tag 2: Gemeinsames Fotoshooting

Ein wenig verschlafen hab ich den Samstag begonnen. Auf der Fahrt zu dem Fotoshooting konnte ich den Wagen noch ein wenig besser auf der Langstrecke Kennenlernen. Der Technologietransfer von Mercedes macht nicht beim Motor halt, sondern hat sich auch im Infotainment-System vollzogen. Der Aston Martin ist mit einem Command-System ausgestattet, dass mit einem eigenen Skin entsprechend an das Design im Innenraum ausgestattet wurde. Leider handelt es sich dabei nicht um das aktuellste der Command-Systeme. Tatsächlich war dies das erste mal, dass ich überhaupt die Gelegenheit hatte, mich mal länger mit einem System von Mercedes zu beschäftigen.

Das verbaute System ist für einen Sportwagen sicherlich in Ordnung, hat mich aber nicht wirklich überzeugt. Die Menüführung war teilweise doch ein wenig kompliziert und wenig intuitiv. Ich denke aber, das ist nichts, an das man sich nicht gewöhnen kann bei längerer Nutzung. Die Art und Weise wie der Drehdrücksteller und das Touchpad in der Mittelkonsole des Aston Martin verbaut waren, war für meinen Geschmack ein wenig zu nah beieinander. Das Smartphone lässt sich aber schnell mit dem Wagen verbinden und so kann man schnell seine eigene Musik streamen.

Für das Fotoshooting haben wir uns an dem Samstag vier verschiedene Spots vorgenommen. Wie es der „Zufall“ so will, hatte ich zur Zeit auch noch eine Hasselblad X1D-Digitalkamera als Testgerät zur Verfügung, da ich auch gerade die DJI Mavic Pro 2 teste, welche auch einen Hasselblad-Sensor hat.

Irgendwie hat es sich stilistisch richtig angefühlt, das Auto mit einer Kamera zu fotografieren, die selbst ein kleines Vermögen (~13.000 €) kostet. Wobei die Hasselblad sehr viel für Porträtfotografie genutzt wird. Das heißt, solange das Auto still steht, konnte man auch extrem gute Bilder machen.

Aston Martin DB11 Rückansicht

Die ersten beiden Spots, die wir für unser Fotoshooting angesteuert haben, haben den Fokus auf die Form gelegt. Mir persönlich gefällt besonders gut die Art und Weise, wie die LED-Lichter die Kontur des Autos aufgreifen.

Die Farbe mit dem Namen „Divine Red“ wird seinem Namen gerecht. Je nachdem, in welchem Licht der Wagen steht, ändert sich der Farbton sehr subtil.

Da der Aston Martin DB11 eher ein dynamisches Auto ist, haben wir natürlich auch einige Bilder gemacht, bei dem das Auto in Bewegung ist. Gerade bei diesen dynamischen Bildern finde ich persönlich, dass die Form noch mehr zur Geltung kommt.

Der Tag des Fotoshootings ist sehr schnell vergangen und vor allem mit sehr viel Spaß. Schon während des Fotoshootings hat der Wagen viele bewundernde Blicke bekommen. Aufgefallen ist mir dabei, dass der Wagen insgesamt sehr positiv aufgenommen wurde. Sehr oft werden ja so teure Sportwagen, die durch die Stadt fahren, kritisch beäugt. Natürlich liegt dies auch sehr oft damit zusammen, dass die Fahrer durch eine nicht passende Fahrweise und Lautstärke auffallen wollen. Der Aston Martin rollt im normalen GT-Modus mit typischem britischen Understatement durch die Straßen. Wobei das leise Blubbern des V8 wenn man genau hinhört schon fast ein wenig an ein Motorboot / -yacht erinnert.

Tag 3- Trennungsschmerz

Den Sonntag habe ich zu einem ausgiebigen Frühstück genutzt und mit der Verarbeitung der Tatsache, dass der Wagen am nächsten Morgen schon wieder abgeholt werden wird.

Der Aston Martin ist ein faszinierendes Auto und hat mich deutlich mehr in den Bann gezogen, als ich es im voraus je für möglich gehalten habe.

Am liebsten hätte ich den Wagen noch auf eine weite Ausfahrt genommen, aber leider hat Aston Martin mir eine Kilometer-Begrenzung gesetzt. Hätte ich gewusst, wie sehr mir der Wagen gefallen würde, hätte ich mich im voraus noch stärker darum bemüht, noch mehr Fahrkilometer zu erhalten.

Positive und negative Aspekte des Aston Martin DB11

Wenn in einer Beziehung die erste Verliebtheit erst einmal verflogen ist, fallen einem ja auch negative Aspekte auf. Ähnlich ist es auch bei dem Aston Martin. Wobei: Wenn ich ehrlich bin, musste ich mich schon zwingen, die negativen Aspekte zu finden, denn nach 3 Tagen ist die erste Verliebtheit noch nicht wirklich verflogen.

Negative Aspekte

Wenn ich was negativ bewerten würde, dann das technische Level des Infotainment-Systems und die fehlenden technischen Assistenzsysteme. Ich meine, für das Infotainment System kann man bei Aston Martin wahrscheinlich nicht viel, das haben sie sich von Mercedes geborgt. Es erledigt zwar zuverlässig seinen Job, aber eben auch nicht viel mehr. Ich frage mich: Ist es so viel verlangt, dass ich wenn ich Musik von meinem Handy streame, gerne das Albumcover sehen möchte? Natürlich kann es sein, dass ich mich auch dumm angestellt habe, aber wenn ich es nicht schaffe, das ordentlich hinzubekommen, dann wird es der wahrscheinlich eher ältere Durchschnittskunde des Aston Martin auch nicht. Ich bin ja ehrlich gesagt kein Fan von Android Auto und Apple Car Play, aber in diesem Wagen habe ich das Gefühl, dass der Wagen von dem Support profitieren könnte.

Ein wenig schockiert hat mich die geringe Anzahl an Assistenzsystemen. Ich bin der Meinung, kein Auto sollte sich Grand Turismo nennen dürfen, wenn es nicht einen adaptiven Tempomat mit Abstandsradar hat. Auch die damit einhergehende Frühwarnung ist auf Grund der hohen Geschwindigkeiten, die der Wagen erreichen kann, sicherlich sinnvoll.

Mehr als sinnvoll wäre auch ein Schilderassistent. Denn beim Fahren fragt man sich laufend, welche Geschwindigkeit eigentlich gerade wirklich erlaubt ist und ob man nicht ein „freigegeben“-Schild übersehen hat.

Positive Aspekte

Sieht man von diesen kleinen Schönheitsfehlern ab, ist der Aston Martin wahrscheinlich eins (wenn nicht DAS) tollste Auto, das ich je gefahren bin. Egal von welchem Blickwinkel man sich den Wagen angeschaut hat, er sah immer fantastisch aus.

Das rote Leder im Innenraum war so unglaublich kunstvoll verarbeitet, wie ich es bisher noch in keinem Auto gesehen habe. Ich meine, bei dem Preis darf man das sicherlich auch erwarten. Das Fahrverhalten war großartig, wobei ich persönlich glaube, der Aston Martin ist ein klein wenig mehr Sportwagen als Grand Turismo.

Der Klang des V8 wird mir noch lange im Gedächtnis bleiben und auch die Tatsache, wie sehr der Wagen sein Klangprofil geändert hat sobald man den Modus wechselte.

Die Zielgruppe des DB11 dürfte wahrscheinlich eine sein, die deutlich älter ist als ich, bzw. wenn ich mal im Lotto gewinne, würde ich wohl auch zur Zielgruppe gehören. Bis ich den DB11 selbst gefahren bin, habe ich Aston Martin immer ein klein wenig ein klassisches, verstaubtes Image gegeben. Das hat sich nun deutlich geändert. Dass man bei Aston Martin mit schnellen Schritten Richtung Zukunft geht, zeigt auch, dass schon nächstes Jahr ein vollelektrisches Auto auf den Markt gebracht werden soll auf Basis des Rapid.

Ich persönlich werde den DB11 in guter Erinnerung halten, auch wenn ich glaube, dass Aston Martin sich im Bereich der Assistenzsysteme gerne noch ein wenig mehr bei Mercedes im Real bedienen dürfte. Damit meine ich nicht, dass ich glaube, dass es je einen autonomen selbstfahrenden Aston Martin geben sollte, aber ein klein wenig mehr Assistenz würde den Wagen perfekt machen.

Fotos: Jonas Speck

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Mark Kreuzer