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Titans auf Netflix: Ja, auch DC kann Top-Unterhaltung

Wenn es heißt, dass der neueste Film oder die neueste Serie aus dem DC-Universum ins Haus steht, muss ich zugegebenermaßen erst mal ein wenig zusammenzucken. Das liegt aber mehr an den Kinofilmen als an dem, was im Serien-Bereich passiert. Wonder Woman fand ich schon durchaus gelungen, Aquaman könnte gerade erstmals ein wirklicher Erfolg gleichermaßen bei den Kritikern als auch an den Kinokassen werden. Davor allerdings gab es gleich mehrere ziemlich grausige Filme, über die ich jetzt hier lieber nicht zu viele Worte verlieren möchte.

Bei den Serien sieht es meiner persönlichen Meinung nach deutlich entspannter aus: Flash, Arrow, Gotham, Supergirl, um nur einige zu nennen, bieten durchaus gute Unterhaltung. Dabei sind Arrow und Gotham eher die düsteren Vertreter, Flash und Supergirl hingegen zielen für mein Empfinden eher auf ein jüngeres Publikum ab, wirken hier und da eher ein wenig cheesy auf mich. Gotham müsst ihr eh getrennt von den anderen genannten Serien betrachten, aber das soll hier ja nicht das Thema sein.

Als ich vor einer ziemlichen Weile mal las, dass es eine weitere Serie geben würde, in der Robin — Batmans Ziehsohn — eine Hauptrolle spielen würde, hoffte ich insgeheim, dass wir es auch dabei wieder eher mit einem düsteren Vertreter zu tun bekommen. Die Serie absolvierte dann in der Folge von ihrer Planung bis zum tatsächlichen ersten Sendetermin einen ziemlichen Irrweg: Nach der ersten Planung 2014 wurde ein Drehbuch für den Piloten geschrieben, 2015 sollte die Produktion dann für den Sender TNT beginnen. 2016 wurden die Pläne gecancelt, weil sich der Sender anders ausgerichtet hatte und danach war dann The CW im Gespräch.

Gestartet ist die DC-Serie dann unter dem Namen Titans auf dem Streaming-Dienst DC Universe im Oktober des letzten Jahres. Drei Monate später schließlich sind die jungen Superhelden nun endlich bei Netflix angekommen. Die Protagonisten sind Dick Grayson alias Robin (Brenton Thwaites), Rachel Roth alias Raven (Teagan Croft), Kory Anders alias Starfire (Anna Diop) und Gar Logan alias Beast Boy (Ryan Potter).

Bevor wir uns ans Eingemachte wagen, könnt ihr hier schon mal einen Blick auf den deutschen Trailer werfen, der euch bereits einen guten ersten Eindruck verschafft:

Du musst kaputt sein, um ein Superheld werden zu können

Ich bin in einer Zeit aufgewachsen, als Superman — gespielt von Christopher Reeve — zwar Erfolge an den Kinokassen feierte, dabei allerdings aussah, als würde er seine Heldentaten im Schlafanzug bewirken. Alles war sowohl in den Filmen als auch den Heften ziemlich shiny und schlicht, die Rollen der Guten und Bösen waren deutlich voneinander getrennt, das Superhelden-Leben war also noch ein leichteres als heute.

Schaut ihr euch Titans an, werdet ihr sehen, dass von diesem Superhelden-Glanz so gar nichts übrig geblieben ist und ja, das ist eine gute Nachricht.  Greg Berlanti (Titans ist bereits seine sechste DC-Serie), Akiva Goldsman und Geoff Johns erzählen hier eine ganz andere Geschichte und die handelt davon, dass Du einfach kein Superheld wirst, wenn Dir das Leben nicht irgendwann einmal richtig übel mitgespielt hat.

Achtung, Spoiler!

Das beste Beispiel dafür, wie kaputt so ein Mensch/Superheld sein kann, ist der Protagonist Dick Grayson, der jahrelang an der Seite von Batman in Gotham für Gerechtigkeit gesorgt hat. In Rückblenden sehen wir, wie er seine Eltern verlor, wie er gegen seinen Willen in die Obhut von Milliardär Bruce Wayne gelangte — und wie er jetzt in einer anderen Stadt ohne Batman einen Neuanfang ohne den Dunklen Ritter wagen möchte.

Die beiden Helden sind alles andere als im Guten auseinander gegangen und die Zeit mit Batman hat bei Robin deutliche Spuren hinterlassen. Er ist hin und her gerissen, weiß nicht so recht, ob er sich von seinem Superhelden-Alter-Ego trennen soll oder nicht (oder ob er es kann) und wenn er als Robin Verbrecher jagt, tut er das mit äußerster Brutalität. Letzteres unterscheidet ihn am deutlichsten vom sympathischen Sidekick, den wir aus den Filmen und vor allem Comic-Heften kennen. Er ist deutlich mehr brutaler Rächer als Superheld.

Für zarte Gemüter ist die Serie daher auch wahrlich nicht geeignet. Ihr bekommt sehr viel Gewalt zu sehen, weder Robin noch die anderen Charaktere gehen mit ihren Gegnern wirklich zimperlich um. Dabei setzt die Serie nicht einfach nur auf billige Splatter-Effekte, sondern inszeniert und choreografiert diese brutale Gewalt so, dass sie perfekt zu den kaputten, oftmals innerlich zerrissenen Helden passt.

Auch die anderen Protagonisten wie Rachel (die den Mord an ihrer Mutter mit ansehen muss) und Kory, die nach einem Unfall ohne Erinnerung an ihr früheres Leben aufwacht, sorgen für heftige Action-Szenen. In dieser Hinsicht ist „Titans“ also schon mal definitiv ein ziemliches Spektakel.

Klar, dass die Helden der Geschichte irgendwie zusammenfinden und bei der Suche nach ihrer Identität somit zumindest schon mal nicht alleine sind. Dabei wird in der ersten Staffel aber keinem wirklich klar, dass sich hier eine feste Gruppe gefunden hat, die künftig Seite an Seite kämpfen wird. Das ist — ebenso wie die meisten Superhelden-Namen — somit Stoff für die zweite Staffel, die auch schon längst bestätigt ist.

Den Machern gelingt es nicht nur, eine sehr dichte, gut inszenierte Story zu erzählen. Darüber hinaus entsteht nämlich auch ein sehr komplexes Bild einer riesengroßen DC-Welt, wie wir es bislang in der Form eher vom Konkurrenten Marvel kennen. Das geht schon damit los, dass Batman allgegenwärtig ist, obwohl er in seinen wenigen Szenen nur schemenhaft oder als Schatten zu sehen ist.

Das hängt zweifelsfrei damit zusammen, dass Dick auf der Suche nach sich selbst ist (und irgendwann den Wechsel von Robin zu Nightwing vollziehen wird in der nächsten Staffel). In seinem zivilen Leben ist er Polizist und lernt auf diesem Weg Rachel kennen. Die hat nicht nur ihre Mutter brutalst möglich verloren, sondern bemerkt auch sonderbare dunkle Kräfte in sich, die sie sich noch nicht erklären und die sie auch noch nicht kontrollieren kann.

[mg_blockquote cite=“Rachel Roth“]Ich bin nicht besonders, ich bin gefährlich![/mg_blockquote]

Dick kümmert sich also um sich und um die komplett verunsicherte Rachel. Aber zurück zur großen DC-Welt: Wir treffen in der Staffel auch auf Dove und Hawk, außerdem lässt sich auch Wonder Girl blicken und erzählt von ihrem Sidekick-Job für Wonder Woman und dank Beast Boy lernen wir auch bereits die Doom Patrol kennen. Die letzteren werden ihr eigenes Spin-Off erhalten und nach dem, was innerhalb von Titans über diese kuriose Truppe erzählt wird, können wir uns auch hier auf eine feine Serie freuen.

Auch den aktuellen Robin bekommen wir zu sehen, also den neuen Sidekick von Batman, der den Job von Dick inklusive neuem, verbessertem Kostüm übernommen hat. Dieser ist von der Zusammenkunft deutlich weniger begeistert als sein enthusiastischer Nachfolger.

Zu guter letzt — und das gilt sprichwörtlich als auch wortwörtlich, weil er quasi erst im Abspann auftaucht — sehen wir auch Connor Kent alias Kon-El, den wir als Superboy kennen. In der Szene bricht er aus den Cadmus Laboratories aus und befreit dabei auch den Hund Krypto, der ebenso wie Superman vom Planeten Krypton stammt und somit auf unserem Planeten besondere Kräfte besitzt (via Filmstarts.de).

Fazit zur ersten Staffel: Super, dennoch mit Luft nach oben

Ohne euch den Plot jetzt Folge für Folge zu schildern und auf die vielen verschiedenen Konflikte einzugehen, will ich euch jetzt erzählen, was ich von dieser ersten Staffel der „Titans“ halte. Atmosphärisch und erzählerisch haben mir die elf Folgen, die zumeist zwischen 40 und 50 Minuten lang sind, richtig gut gefallen. Über den kompletten Zeitraum sind die „Titans“ noch dabei, sich zu finden, was aber erst in der zweiten Staffel abgeschlossen sein dürfte, ebenso wie die Metamorphose von Robin zu Nightwing.

Die Charaktere werden in der Staffel äußerst gelungen und behutsam eingeführt. Trotz der stark action-orientierten Folgen (oder gerade deswegen?) bekommen wir ein ziemlich exaktes Bild der einzelnen Personen und der inneren Kämpfe, die jeder mit sich auszufechten hat. Das macht die Staffel sehr intensiv und erzeugt vor allem auch viel Vorfreude auf die nächste Staffel.

Apropos nächste Staffel: Hier habe ich das Gefühl, dass die Bestätigung der zweiten Staffel der Geschichte in die Parade gegrätscht ist. Vielleicht liege ich falsch, aber ich glaube nicht, dass das Staffelfinale ursprünglich nach Folge 11 angedacht war. Es gibt einen fetten Cliffhanger und ich könnte mir vorstellen, dass eine Episode mehr geplant war, die man aufgrund der Gewissheit um die zweite Staffel dann lieber dort weiter erzählt. Auf diese Weise wirkt das Ende der eigentlich bärenstarken Folge ein wenig holprig oder überhastet.

Auch technisch gibt es hier und da etwas zu bemängeln. Das geht los mit Spezialeffekten, die qualitativ weder mit der Storyline noch mit den gut choreografierten Kämpfen mithalten können. Da dürfte man meiner Meinung nach die Abteilung Special Effects und CGI ruhig noch um ein paar Leute aufstocken für künftige Folgen. Mit Blick auf die Hefte hätte ich mir Beast Boy auch mit grünerer Haut vorgestellt, aber vermutlich hat man den Charakter bewusst so angelegt, dass er privat als unauffälliger Teenager auftreten kann.

Eher witzig und nicht wirklich dramatisch hingegen empfinde ich so kleine Recherche-Schwächen, die besonders dann auffallen, wenn die Geschichte uns nach Österreich führt. Genau — es ist das Land, wo eine Tankstelle auch schon mal „Petrol Bahnhof“ und ein Geschäft eben „Geschäft“ heißt (via). 😀

Das sind aber Dinge, die zu verkraften sind und eher Jammern auf sehr ordentlichem Niveau. „Sehr ordentlich“ wäre dann auch mein Resümee für die erste Staffel „Titans“. Es reicht für mich persönlich nicht ganz an meine Lieblings-Serien heran und auch nicht an Marvel-Shows wie Daredevil, aber es ist eben schon richtig gute Unterhaltung und ein fettes Ausrufezeichen aus dem DC-Universe. Ich freue mich jedenfalls bereits jetzt auf die zweite Staffel und werde sicher weiter verfolgen, wie die Geschichte weiter erzählt wird.

Über den Autor

Ehemalige BASIC thinking Autoren

Dieses Posting wurde von einem Blogger geschrieben, der nicht mehr für BASIC thinking aktiv ist.