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„Upload“: Amazon Prime Video blickt amüsant in unsere Zukunft

Die Corona-Krise hält an und trotz Lockerungen bedeutet das, dass wir deutlich mehr mit unseren schnuckeligen Hintern zuhause sitzen, als es uns lieb wäre. Das führt — zumindest bei mir — dazu, dass ich auch deutlich mehr Serien binge, als ich es sonst tue. Höchste Zeit, dass ich euch daran mal wieder teilhaben lasse, vor allem, wenn es sich bei der Serie um „Upload“ handelt — eine Show auf Amazon Prime Video, die uns mitnimmt in die Zukunft und somit einige spannendere Tech-Entwicklungen voraussagt.

So viel vorab und ohne Spoiler (ich sag euch gleich Bescheid, ab wann es brenzlig wird): „Upload“ ist eine Science-Fiction-Comedy-Serie und schaut als solche eben nicht immer ganz bierernst in die Zukunft. Ihr könnt sie also als so eine Art weniger düstere Alternative zu „Black Mirror“ sehen. Während „Black Mirror“ nämlich zumeist sehr dystopisch in die Zukunft der Menschheit schaut, beschäftigt sich „Upload“ mit dem Leben nach unserem Tod und somit mit der Gewissheit, dass eben noch nicht alles vorbei ist, wenn unserem irdischen Dasein das Licht ausgeknipst wird. Um beim Beispiel „Black Mirror“ zu bleiben: „Upload“ erinnert thematisch ein wenig an die wundervolle „Black Mirror“-Folge „San Junipero“. Worum geht es nun also konkret bei „Upload“? Amazon selbst schreibt in seinem Teaser-Text folgendes:

UPLOAD dreht sich um einen jungen App-Entwickler, Nathan Brown (Robbie Amell), der nach einem Unfall mit einem selbstfahrenden Auto im Krankenhaus landet und schnell über sein Schicksal entscheiden muss.  Nachdem er sich überstürzt mit seiner oberflächlichen Freundin Ingrid (Allegra Edwards) abgesprochen hat, entscheidet er sich dafür, in das luxuriöse virtuelle Jenseits ihrer Familie, das „Lakeview“ der Firma Horizen, geuploaded zu werden. Nach dem Upload in Lakeview trifft Nathan seinen Kundenservice-„Engel“ Nora Anthony (Andy Allo). Zunächst ist Nora nur seine charismatische Concierge und Führerin. Doch schon bald wird sie zu einer Freundin und Vertrauten, die ihm hilft, sich in dieser neuen digitalen Verlängerung des Lebens zurechtzufinden.

Verantwortlich für „Upload“ ist Greg Daniels, der auch schon für die Serien „The Office“ (US-Version) und „Parks and Recreation“ einiges an Lorbeeren einheimsen konnte. Bevor wir uns mit der ersten Staffel dieser durchaus gelungenen Serie beschäftigen, gebe ich euch noch die Info an die Hand, dass die Amazon Studios bereits jetzt — zwei Wochen nach dem Serienstart — die offizielle Bestätigung für die zweite Staffel bekommen haben. Ihr könnt euch also mit dem guten Gefühl in die erste Staffel stürzen, dass sie danach fortgesetzt wird. Prognosen sind in Corona-Zeiten natürlich schwierig, aber so oder so dürfte die zweite Staffel nicht vor Mai 2021 zu erwarten sein.

Upload: Mehr Utopie als Dystopie (Achtung, Spoiler!)

Ich sagte es bereits: „Upload“ ist ein Hybrid aus Science-Fiction und Comedy und eher utopisch als dystopisch. Das bedeutet, dass es nicht wirklich ein Drama darstellt, wenn der Hauptdarsteller bereits in der ersten Episode lebensgefährlich bei einem Autounfall verletzt wird. Hier nochmal der Hinweis, dass ich ab jetzt auch ein wenig spoilern werde.

Zum Serien-Setting so viel: Die Serie spielt im Jahr 2033, also in einer Zukunft, die nicht wirklich unendlich weit weg und somit ziemlich greifbar ist. Nathan, der Hauptdarsteller, ist mit Ingrid zusammen. Beiden gemein ist die Tatsache, dass sie eher oberflächliche Vertreter ihres Geschlechts sind. Nathan ist Programmierer, was später in der Serie auch noch eine wichtige Rolle spielen wird, geht gerne auf Parties und stellt fest, dass Ingrid zwar definitiv ihre Vorzüge hat (die man vermutlich auf die körperlichen Reize eingrenzen kann), aber ansonsten eher nicht die Frau fürs Leben ist.

Vermutlich dürfte es die wenigsten von euch überraschen, dass in dieser Zukunftsvision selbstfahrende Autos längst selbstverständlich sind. Ebenso selbstverständlich ist für ihre Besitzer, dass das Unfallrisiko deutlich niedriger ist als bei Autos, die manuell gefahren werden und ein Unfalltod daher äußerst unwahrscheinlich ist.

Umso überraschender ist es da also, dass Nathan ein Opfer eines solchen Unfalls wird und lebensgefährlich verletzt ins Krankenhaus eingeliefert wird. Im Jahr 2033 bedeutet Tod aber nicht zwingend Tod, wie wir ihn kennen. Die richtige Summe auf dem Konto vorausgesetzt, kann man sich nämlich uploaden lassen. Das bedeutet so viel, dass nach dem irdischen Leben noch ein digitales Leben danach folgt — ein Leben, welches dann bis in alle Ewigkeit andauert.

Nathan hat dieses Vermögen nicht, seine Freundin Ingrid allerdings schon. Im Grunde hätte man Nathans Leben wohl noch retten können, aber seine Flamme bedrängt ihn, sich lieber für den sofortigen Upload zu entscheiden. Nathan willigt ein und wird kurze Zeit später nicht nur feststellen, dass er im optisch wirklich sehr idyllischen Lakeview des Unternehmens Horizen zu sich kommt, sondern sich jetzt auch bedingungslos Ingrid ausgeliefert hat.

Er stellt nämlich fest, dass Ingrid ihn zwar in ein sehr luxuriöses After Life verfrachtet hat (es gibt auch sehr spartanische Alternativen, in denen man ein äußerst ödes Dasein fristet), aber für viele Dinge eine Art In-App-Käufe fällig werden. Will er sich also ein bestimmtes Getränk aus dem Automaten ziehen, muss das erst von dem Konto autorisiert werden, zu dem seine Freundin Ingrid exklusiv Zugriff hat.

Damit man sich nach seinem Upload in der digitalen Ewigkeit zurechtfindet, wird jedem Neuankömmling ein persönlicher Berater zur Seite gestellt. Für Nathan ist das die bezaubernde Nora, gespielt von Andy Allo. Nora lebt in New York und kümmert sich ab sofort um den virtuellen Nathan, der einst in Los Angeles lebte.

Das bedeutet, dass sie für den Upload zuständig ist, sein Design ausfeilt und ihm dann auch im weiteren Lakeview-Dasein seine Fragen beantwortet. Sie sitzt im New Yorker Büro, kann aber virtuell auch an Nathans Seite auftauchen. Sie macht ihm also das „Leben“ in Lakeview einfacher, dennoch denkt Nathan an virtuellen Selbstmord, weil ihm dieses virtuelle Dasein anfangs so gar nicht wirklich zusagt. Das fängt mit der Abhängigkeit von Ingrid und geht weiter über den immer gleichen Avatar, der als Bediensteter des Komplexes, in dem Nathan nun lebt, in vielen Rollen auftaucht und Nathan mit seiner aufgesetzten Freundlichkeit schier in den Wahnsinn treibt.

Schon recht bald freundet er sich mit Nora an, seinem „Engel“, dem normalerweise solche privaten Verbindungen zu Kunden untersagt sind. Sehr schnell finden sie raus, dass mit Nathans Upload was nicht stimmt. Irgendwie fehlen wichtige Erinnerungen und irgendwas scheint mit seinem Tod nicht mit rechten Dingen zugegangen zu sein.

Weiter werde ich mich jetzt zur Handlung nicht auslassen — ich will euch ja die wirklich kurzweilige Story nicht komplett vorwegnehmen. Das Ende der ersten Staffel ist ein recht überraschendes, bietet aber massig Luft für eine Fortsetzung und für vielfältige Möglichkeiten, die Geschichte weiterzuerzählen.

Fazit zur Staffel 1 und zur technischen Vision des Jahres 2033

Ist „Upload“ in allen Punkten eine realistische Zukunftsvision? Nein, eher nicht. Ist „Upload“ frei von Logikfehlern? Auch nicht. Hab ich mich direkt in der ersten Folge in den Charakter Nora verliebt? Selbstverständlich ja! So könnte ich kurz mein ganz persönliches Fazit zur Serie einleiten 😉

Andy Allo hat es mir tatsächlich angetan in dieser Rolle der Nora, die sie unglaublich sympathisch verkörpert. Eigentlich ist sie Sängerin und Musikerin und spielte seinerzeit sogar in der New Power Generation – der Begleitband von Prince! Dieses Wissen lässt einen auch in der Serie schmunzeln, als Nora ziemlich unbeholfen anfängt, ein Lied mit Nathan zu singen.

Dass da irgendwas vor Nathans Tod in seinem Unternehmen schief gelaufen ist und wesentliche Informationen/Erinnerungen fehlen, verleiht der Serie Spannung. Spannung, die auch mit der letzten Folge der ersten Staffel nicht aufgelöst wird und somit Vorfreude auf die zweite Staffel macht. Wirklich unterhaltsam wird die Serie für mich aber nicht durch diese Begleit-Story und auch nicht zu dieser Liebesgeschichte, die sich in diesem Liebesdreieck aus Ingrid, Nathan und eben auch Nora ergibt.

Tatsächlich hat die Serie für mich ihren Reiz in der Darstellung des Jahres 2033, durch die technischen Neuerungen, die vielen Anspielungen auf die großen Tech-Unternehmen wie Google und Facebook. „Upload“ spielt sowohl in dieser digitalen Ewigkeit als auch in der realen Welt und die Macher der Serie spielen sehr schön damit, wie diese beiden Welten miteinander verknüpft sind. So können sich die Toten jederzeit mit den Lebenden austauschen und in Kontakt bleiben. Auf die Spitze treibt man das bei der Beerdigung von Nathan, bei der er virtuell zugegen ist und er seine Beerdigungsgäste ebenso sehen und sprechen kann wie sie ihn.

Ich sagte es eben schon: Alles in der Serie scheint für mich nicht eine realistische Zukunft abzubilden — nicht fürs Jahr 2033 und auch nicht für Jahrzehnte danach. So bin ich sehr sicher, dass wir nicht bereits in 13 Jahren in ein digitales Nirwana werden einziehen können und unser Bewusstsein auf ein digitales Ich übertragen.

Auch glaube ich nicht, dass eine Geste mit den Fingern in absehbarer Zeit dazu ausreichen wird, ein Hologramm aufzurufen, welches unsere heutigen Smartphones ersetzt. Aber dazu ist Science-Fiction ja da, um eben frische Ideen zu entwickeln, unabhängig von der derzeitigen Machbarkeit oder Vorstellbarkeit.

Sehr sympathisch finde ich es, dass technische Innovationen einhergehen mit einer Welt, die unserer aktuellen mehr als ähnlich ist. So sind also selbstfahrende Autos selbstverständlicher Alltag — will man aber sein Auto manuell steuern schließt man einen Controller über einen herkömmlichen USB-Port an.

Wenn ich akzeptiere, dass man als Smartphone-Ersatz ein Hologramm in seiner Hand nutzt, fällt es mir schwer zu glauben, dass sich Virtual-Reality-Headsets in Design und Umfang so gar nicht von heutigen Modellen unterscheiden lassen. Ebenso erscheint es mir unlogisch, dass Nathan in einer komplett realistischen, hochauflösenden Welt lebt, einzelne Elemente darin aber aufgrund einer zu langsamen Leitung für Grafik-Bugs sorgen. An anderer Stelle hat man solche Grafikfehler durchaus unauffälliger und nachvollziehbarer eingebaut.

Generell lebt „Upload“ von vielen schönen Einfällen, mit denen diese digitale Welt sehr liebevoll gestaltet wurde. Es erscheint für mich einfach sehr realistisch, dass auch die digitalen Bereicherungen des Lebens nach unserem eigentlichen Ableben davon abhängen, wie zahlungskräftig man ist. Ich mag die Idee der verschiedenen Luxusklassen, der In-App-Purchases und auch der Werbung, der man ab und an in Lakeview nicht entkommen kann.

Es gibt Mahlzeiten aus dem 3D-Drucker und Bewertungssysteme — sowohl werden berufliche als auch private Leistungen mit Sternen bewertet. Sehr gelungen finde ich da die App, die sowas wie einen Tinder-Nachfolger darstellt und die von Nora in ihrer realen Welt gerne genutzt wird. Persönliches Highlight in technischer Hinsicht ist für mich aber selbstverständlich die Tatsache, dass der virtuelle Nathan auf der Toilette beim Pinkeln unmöglich das Pissoir verfehlen kann — herrliche Szene und herrliche Idee!

Komplettiert wird ein ziemlich unterhaltsamer Serien-Spaß durch die interessanten Charaktere, die man um die Hauptdarsteller gebaut hat. Liebenswert ist Noras Vater, eher schräg sind die Menschen, über die Nathan in seiner virtuellen Welt stolpert, egal ob es der Kriegsveteran (ein noch kommender Krieg) Luke ist oder der kauzige Milliardär, der auch im digitalen After Life die Vergünstigungen seines Reichtums genießt.

Mich persönlich hat die Serie auch zum Nachdenken angeregt. Wie werden sich die Dinge entwickeln, werden wir auch in Zukunft nicht abstellen können, dass unsere finanziellen Mittel unser Leben bestimmen und nicht zuletzt: Wie wird sich virtueller Sex anfühlen?

Wie würde man sich fühlen in einer Welt, in der das Leben sich unabhängig vom realen irdischen Leben entwickelt. Das zeigt sehr schön ein weiterer Charakter in Lakeview. Wir sehen ihn als kleinen Jungen, der in Wirklichkeit aber schon 19 Jahre alt wäre, wäre ihm da nicht sein Tod dazwischen gekommen. Er wundert sich darüber, dass sein ehemals bester Freund keinen Bock mehr auf ihn hat. Der ist natürlich tatsächlich jetzt ein junger Mann und mehr an Parties und Mädchen interessiert als an Chats mit einem kleinen Jungen.

Auch hier wieder eine spannende technische Idee: Der Knirps kann/muss vielleicht bis in alle Ewigkeit dieser kleine Junge bleiben, wenn eben die Kohle nicht da ist für entsprechende optische Updates. Für solche Updates gibt es auch illegale Möglichkeiten in der Serie, die den kleinen Kerl temporär zu einer jungen Frau machen. Auch ein schwarz-weißer Avatar lebt in Lakeview — sie hat einfach ein paar Jahre mehr auf dem Buckel bzw. das Foto, nach dem ihr neues virtuelles Ich geschaffen wurde.

Lange Rede, kurzer Sinn. „Upload“ ist vielleicht nicht immer komplett schlüssig und schon gar nicht bis ins letzte Detail realistisch, aber es ist sehr unterhaltsam, bietet Spannung und auch eine Lovestory und sehr viel wirklich tolle Ideen. Ich freue mich jedenfalls schon auf die zweite Staffel, auf neue skurrile Einfälle und auch natürlich auf die Fortführung der Geschichte.

Über den Autor

Ehemalige BASIC thinking Autoren

Dieses Posting wurde von einem Blogger geschrieben, der nicht mehr für BASIC thinking aktiv ist.