Erstmals seit einem Jahrzehnt hat Apple wieder einen Gewinnrueckgang verbucht und veroeffentlichte damit das Resultat der Rigiditaet Tim Cooks, der es einfach nicht schafft aus dem Schatten des charismatischen Steve Jobs herauszutreten.
Ja, Apple hat am gestrigen Dienstag zum wiederholten Male ein Quartalsergebnis veroeffentlicht, welches die gesamte (!) Industrie vor Neid erblassen laesst. Ja, es wurden wieder einmal neue Rekorder (iPhone, iPad) fuer ein 2. Quartal aufgestellt und ja, auch der Umsatz konnte im Jahresvergleich erneut zulegen. Aber reicht dies der Wallstreet und vor allen Dingen den Anlegern, die sich in den naechsten Jahren auf unglaubliche Dividende-Ausschuettungen freuen duerfen?
Fast mag einem der Buchhaltertyp Tim Cook leidtun. Er will so gerne die Kult-Firma aus Cupertino erfolgreich weiterfuehren. Cook moechte der ganzen Welt beweisen, dass er nicht nur der Koenig der Zulieferkette ist, sondern Apple in ein glueckliches “Post-Jobs-Zeitalter” fuehren kann. Und genau hier versagte er in den letzten 18 Monaten auf ganzer Linie.
Waehrend der Aktienkurs einen ungeahnten Hoehenkurs hinlegte, duerfte es von Schulterklopfern in der Apple-Chefetage nur so gewimmelt haben. Zwar konnte Cook keine innovativen Plattformen mehr vorstellen, “seine” Produkte verkauften sich dennoch wie die beruehmten Semmel und liessen vermuten, dass er alles richtig gemacht hat.
Seit dem September 2012 entwickelte sich die Apple-Aktie zu einem der groessten Verlierer auf den weltweiten Boersen-Parkett und verabschiedete sich aus dutzenden Fonds und Portfolios. Die gut $280 Milliarden Boersenwert, die in dieser Zeit verloren gingen, reichen aus um diverse Rivalen (u.a. auch Google) im Handstreich zu uebernehmen.
Und was macht Cook? Anfaengerfehler, die zeigen dass er einfach besser in der Finanzbuchhaltung geblieben waere!
Alles fing im Sommer 2012 nach der Vorstellung der Bilanzen fuer das 3. Quartal des Jahres an. Umsatz und Gewinn stiegen zwar im Vergleich zim Vorjahr, erlebten aber auch einen Einbruch im Vergleich zum gerade abgelaufenen. HTC und insbesondere Samsung hatten gerade ihre neuen Android-Flaggschiffe vorgestellt und nagten kraeftig an der Vormachtsstellung der Kalifornier. Und was machte Cook? Er kuendigte fantastische neue Produkte fuer den Herbst an:
We are also really looking forward to the amazing new products we’ve got in the pipeline.
Eines der unglaublichen Produkte entpuppte sich dann als ein in die Laenge gezogenes iPhone, welches sich nicht nur den “Scratchgate” und “Maplegate”-Skandalen ausgesetzt sah, sondern auch noch weitaus aufwendiger herzustellen war, was die Gewinnmargen drueckte.
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Die katastrophale Apple Maps App in Kombination mit Cooks oeffentlicher Entschuldigung gipfelten in einer Aussage, die man Steve Jobs auch mit vorgehaltener Schrotflinte niemals haette entlocken koennen: Cook entschuldigte sich und empfahl Produkte der Konkurrenz!
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Als im Spaetherbst dann das iPad mini und die 4. Generation des Apple Bestsellers veroeffentlicht wurden, rumorte es schon ganz gewaltig bei den Analysten. Zum einen war den meissten klar, dass das iPad mini die hochpreisigeren iPads kannibalisieren wuerde, zum anderen war die Branche ob der fehlenden Innovationsfreudigkeit enttaeuscht. Die Aktie sank immer weiter in den Keller.
Den wohl folgenreichsten Fehler dieses Launch-Events koennen wir jedoch erst jetzt beobachten und das waren die Vorstellungen der neuen iMacs und MacBooks. Anstatt den Verkaufsstart dieser erneuerten Produktgruppen in das Fruehjahr 2013 zu verlegen, wollte Cook das Weihnachtsgeschaeft fuer die Macs stabilisieren mit dem Ergebnis, dass Apple nun zum ersten Mal seit Jahren keine neuen Produkte zum Anfang eines Jahres veroeffentlichen wird.
Damit nicht genug, Cook wiederholte Gestern nahezu deckungsgleich sein Statement vom 3. Quartal 2012 und kuendigte mal wieder fantastische Produkte an:
Our teams are hard at work on some amazing new hardware, software, and services that we can’t wait to introduce in the fall and into 2014. We continue to be very confident in our future product plans.
Also kein neues iPhone im Sommer, kein Retina-iPad mini im Juni/Juli und vor allen Dingen keine komplett neue Produktkategorie.
Wiederholt sich die Geschichte, dann erweisen sich diese angekuendigten Plattformen eher wieder als Evo- denn Revolution und aufgrund der Verschiebung zum Jahresende, ueberlaesst man der Konkurrenz den Markt in den naechsten Monaten. Samsung und Co. duerften sich ueber den kleinlauten Cook insgeheim ins Faeustchen gelacht haben. Fuer die Innovationskraft der Branche, die immer wieder richtungsweisende Impulse aus Cupertino erhalten hat, ist die ein Armutszeugnis!
“Cook kann kein China”
Apples Sorgenkind bleibt China. Nord-Amerika und West-Europa sind nahezu gesaettigte Maerkte, bleibt nur noch der groesste und wichtigste Smartphone-Markt uebrig, wobei es Cupertino einfach nicht gelingen will hier aus dem Schatten der unbedeutenden Marktanteile zu treten!
Zwar verbuchte man mit weit ueber $8 Milliarden den drittgroessten Umsatz nach den amerikanischen Maerkten und Europa. Zwar schaffte man es nur im Grossraum China den Umsatz im Vergleich zum vergangenen Quartal zu steigern, dennoch verlangsamt sich das Wachstum in Asien merklich.
Im Vergleich zum ersten Quartal 2013, welches im Jahresvergleich noch einen Zuwachs von 67% fuer China aufwies, stuerzte man in Q2 auf 8% ab!
Guenstige Android Smartphones heizen Apple in Mainland China gehoerig ein und lassen den Marktanteil von Googles mobilen Betriebssystem auf nahezu unglaubliche 95% schnellen.
Diese Baustelle muss Cook nicht nur angehen, sie sollte auf der ToDo-Liste ganz oben stehen und mit diversen Signalfarben-Markern verziert werden.
Cook braucht sein “eigenes” Produkt
Nein, Tim Cook ist kein Steve Jobs dazu fehlt ihm der technische Background, der visionaere Charakter und vor allen Dingen die Abgezocktheit.
Cook ist einer wie Huub Stevens! Anstatt mit einem Angriffswirbel nach dem anderen die Konkurrenz in Grund und Boden zu spielen, muss bei Cook “hinten die Null stehen”.
Es muss endlich ein Ruck durch Cupertino gehen, auch wenn es nicht mehr zu einem “one more thing” reicht. Aber insgeheim wuenschen wir uns das doch alle. Dieses eine, bahnbrechende Gadget welches die komplette Industrie zu einem Umbruch zwingt. Dieses formvollendete Stueckchen Technik, welches neue Maerkte generiert und definiert.
Mac, iPod, iPhone und iPad haben dies vollbracht. Jetzt musss Cook endlich zeigen, dass Jobs Fussstapfen nicht 2 Nummern zu gross fuer ihn sind!
P.S. Wer auf eine umfangreiche Analyse der einzelnen Produktgruppen gewartet hat, mag vielleicht enttaeuscht sein. Ich empfehle hierzu meine Analyse vom 1. Quartal 2013, an der sich prinzipiell (natuerlich mal von den Zahlen abgesehen) nichts geaendert hat.