Und schon wieder kann man überall die bekannte Frage lesen: „Wer hat uns verraten? Die Sozialdemokraten!“ Der Anlass ist diesmal nicht gleich die Verhinderung einer sozialistischen Revolution, sondern nur die Vorratsdatenspeicherung.
Nun ist die Wahl vorbei und es wird über eine große Koalition verhandelt und ein Punkt über den sich Union und SPD dem Vernehmen nach einig sind: Die Vorratsdatenspeicherung wird wieder kommen. Detailfragen wie die Speicherdauer sind zwar noch offen, aber das ändert nichts an der grundsätzlichen Einigkeit.
Wer hätte es für möglich gehalten, dass wir so schnell die FDP vermissen würden? Denn immerhin war es die FDP, die sich in der letzten Koalition beharrlich und erfolgreich gegen die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung gewehrt haben. Immerhin hatten wir die Vorratsdatenspeicherung schon einmal. Aufgrund einer EU-Richtlinie muss sie gesetzlich umgesetzt werden. Aber die erste Umsetzung in deutsches Recht wurde vom Bundesverfassungsgericht gestoppt.
Nun dürfen wir also wieder etliche „Wer hat uns verraten“-Postings lesen, dabei stimmt es doch nicht. Hat denn wirklich jemand geglaubt, die SPD würde sich gegen die Vorratsdatenspeicherung wehren? Ernsthaft? Ach bitte. Schon zu Zeiten der schwarz-gelben Koalition kam von der SPD das Angebot an die Union eine gemeinsame Lösung zur Vorratsdatenspeicherung zu suchen. Dieses Angebot hat die Union auch nur abgelehnt, weil sie eben in einer Koalition mit der FDP waren und man macht so was nicht in einer Koalition. Auf der anderen Seite hat die FDP ja zum Beispiel nicht für die Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare im Bundestag gestimmt: Koalitionsvertrag schlägt Grundsatzprogramm.
Also sparen wir alle uns doch lieber diesen blöden Spruch, denn ein Verrat wäre es nur gewesen, wenn die SPD tatsächlich mal versprochen hätte sich gegen die Einführung einer Vorratsdatenspeicherung zu wehren…