Heute ist „Welttag des geistigen Eigentums“ und der Verband BITKOM fordert anlässlich dieses Tages eine umfassende Reform des Urheberrechts in Deutschland. Gleichzeitig legt man aber Wert darauf, dass man eine Reform und keinen grundlegenden Systemwechsel wünscht. Schön für die Nutzer: Einige der Forderungen des Verbands sind durchaus auch in ihrem Interesse.
Um die Notwendigkeit einer umfassenden Reform – im Gegensatz zur bisherigen „Flickschusterei“ – zu unterstreichen, verweist die BITKOM auf das sich immer weiter verändernde Nutzungsverhalten in Hinblick auf digitale Medien. Immer mehr Menschen bevorzugen elektronische Medieninhalte statt der alten „Darreichungsformen“. Bei Fotos bevorzugen schon 51% die digitale Variante gegenüber Papierabzügen, bei Nachrichten, Musik, Büchern und Filmen bevorzugen zwar noch über die Hälfte der User Zeitungen, CDs/Platten, totes Holz und DVDs/Blu-Rays – aber der Anteil derjenigen, die die Digitalversionen bevorzugen steigt immer weiter an. Bei jüngeren Menschen im Alter von 14 bis 29 Jahren ist der Anteil der „Digital-Bevorzuger“ noch einmal höher als insgesamt: 57% bevorzugen digitale Fotos (gesamt 51%), 42% Online-Nachrichten gegenüber Zeitungen (gesamt 38%), 46% digitale Musik (gesamt 36%), 25% digitale Filme (gesamt 21%) und 26% eBooks (gesamt 23%).
Die Zahlen und die nicht sehr gewagte Prognose, dass der Anteil an Digitalnutzern weiter steigen wird zeigen laut BITKOM die Notwendigkeit einer Urheberrechtsreform. Sie zeigen aber auch, dass wir teilweise erst am Anfang stehen, was das Umschwenken auf digitale Dienste angeht. Übrigens ein Anfang – um diesen Seitenhieb loszuwerden – den die Telekom mit ihren Drosselungsplänen effektiver abwürgen könnte, als es das Urheberrecht könnte.
Laut BITKOM sind folgende Bereiche bei so einer Reform anzugehen:
- Mehr rechtliche Flexibilität: Das Urheberrecht solle technologieneutral und flexibler werden. Bislang dauert es bei neuen Nutzungsarten oft mehrere Jahre, bis diese auch in Deutschland eingeführt werden könnten. Als Beispiel nennt BITKOM hier das Musik-Streaming.
- Abmahnunwesen stoppen: Eine Forderung bei der sich die BITKOM mit Verbraucherschützern und weiten Teilen der Politik einig ist. Abmahnungen bei Urheberrechtsverstössen dürften nicht unseriös und mit Gewinnerzielungsabsicht sein und die Gebühren sollten begrenzt werden. Die derzeitige Praxis führe nur dazu, „dass viele Nutzer das Verständnis für das Urheberrecht verlieren“ würden.
- Urheberrechtliche Pauschalabgaben sind ein Auslaufmodell – ein Argument, das nicht zum ersten Mal angeführt wird. Interessanterweise wird hier in der Pressemitteilung keine Alternative genannt, was stattdessen kommen soll. Als Nutzer würde man sich hier für die Zukunft ein transparenteres Modell für Pauschalabgaben wünschen oder aber eine komplette Abschaffung. Eine komplette Abschaffung wird aber mit den Verwertungsgesellschaften sicher nicht zu machen sein und die Alternative zu Pauschalabgaben gingen dann wohl in die Abrechnung einzelner Nutzungen, was ohne Überwachung des Nutzerverhaltens nicht machbar wäre.
- Verwertungsgesellschaften reformieren: Ebenfalls eine Forderung, mit der die BITKOM nicht alleine steht. Wobei es der BITKOM vor allem um mehr Transparenz, Effizienz und der Verhinderung von missbräuchlicher Ausnutzung einer Monopolstellung geht. Ein recht deutlicher Seitenhieb auf die GEMA. Mich würde ja mal interessieren, wie der Verband zum Beispiel zu den Bemühungen steht mit der C3S eine Alternative zur GEMA zu etablieren. Schließlich geht es denen u.a. auch um eine Abschaffung des GEMA-Monopols…
- Aufklärung verbessern: Natürlich soll die Aufklärung verbessert werden, in Schulen und Jugendeinrichtungen sollen Grundzüge des Urheberrechts vermittelt werden, dies gehöre heute zur Medienkompetenz – und da kann man auch sicher nicht widersprechen.
Von vielen anderen Verbänden, Vereinen und Parteien wird es heute ebenfalls noch sehr viele Forderungen rund um das Urheberrecht geben und es wird dabei eine ganze Menge sich widersprechender Forderungen geben, man wird sich eifrig gegenseitig widersprechen und je nach Standpunkt vorwerfen, das Urheberrecht abschaffen zu wollen oder aber das Urheberrecht über Bürger- und Freiheitsrechte zu stellen und einen Überwachungsstaat schaffen zu wollen. Das alles ist nicht neu, ich habe den Eindruck, dass die ganze Situation seit Jahren festgefahren ist und keiner sich wirklich an eine umfassende Reform ran traut. Ganz kurz sah es so aus, als würden sich die großen Parteien hier bewegen wollen, als mit den Wahlerfolgen der Piraten plötzlich das Thema ganz oben stand – aber seit ein Einzug der Piratenpartei in den Bundestag immer unwahrscheinlicher wird, ist das Thema wieder nach unten gerutscht auf der Prioritätenliste…