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Stalking-Apps und wie ihr euch vor ihnen schützen könnt

geschrieben von Nicole Scott

Sicherheit ist nicht nur ein technologisches Problem, sondern auch ein gesellschaftliches.

Disclaimer: Wir von Mobile Geeks können euch leider keine Ratschläge geben, solltet ihr euch in einer schwierigen oder gar gewaltsamen Beziehung befinden. Wir können euch in diesem Artikel nur zeigen, wie ihr die Kontrolle über eure Geräte zurückbekommen könnt. Weiterführende Links mit Informationen und Hilfestellung u.a. für Opfer häuslicher Gewalt findet ihr am Artikelende. 

Jeder von uns hat schon einmal den Begriff „Spyware“ gehört. Normalerweise denke ich bei diesem Wort an eine anonyme Gruppe von Hackern, die meine Daten weiterverkaufen oder meine Identität stehlen möchten. In Wirklichkeit könnte aber auch eine Person aus meinem persönlichen Umfeld diese Software verwenden, um mich auszuspionieren; oder schlimmer noch, es könnte sogar mein eigener Partner dahinterstecken. In solch einem Fall ist von „Spouseware“ die Rede. Diese Software ist meistens sehr einfach zu verwenden und erfordert so gut wie keine technischen Kenntnisse.

Immer mehr Menschen, die einer gewaltsamen Beziehung entkommen konnten, berichten davon, dass ihre Partner Spyware auf ihren Geräten installierten. So konnte der Partner den Standort sowie alle Messenger- und Social-Media-Apps überwachen, um der Person leichter emotionalen oder sogar körperlichen Schaden zufügen zu können.

Diese Art von Missbrauch und Datendiebstahl ist ein wesentlich komplizierteres gesellschaftliches Problem als z. B. herkömmliche Kreditkartenbetrügereien.

Mittlerweile gibt es eine riesige Menge von Überwachungs-Apps, die hauptsächlich an Eltern, die ihre Kinder im Auge behalten möchten, vermarktet werden. Jedoch werden diese Apps von vielen Nutzern für wesentlich schlimmere Zwecke verwendet. Einer kürzlich durchgeführten Studie (PDF-Link) zufolge bieten mehr als 200 dieser Apps äußerst umfangreiche Features für Stalker und alle, die es werden wollen – diese reichen von Standort-Tracking, bis hin zum Abfangen von Nachrichten und heimlichen Videoaufnahmen.

Der New York Times zufolge wurden zudem mehr als zwei Dutzend dieser Dienste von den Herstellern als Überwachungs-Tools beworben. Ein Großteil der Apps erforderte direkten Zugang zu Passwörtern und dem Smartphone des Opfers – Dinge, auf die der Partner in einer Beziehung häufig Zugriff hat.

Für die Täter ist es aber nicht nur deshalb einfacher, diese Dinge in die Finger zu bekommen, weil sie sich in unmittelbarer Nähe zu ihrem Opfer befinde – häufig geschieht dies nämlich auch unter Androhung von körperlicher Gewalt.

Das Angebot an Tools, mit denen sich verlorene Smartphones wiederfinden oder Personen verfolgen lassen, ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Genauso wie die Möglichkeiten für die Täter, um ihre Opfer mit technologischen Hilfsmitteln ohne deren Einverständnis zu überwachen.

Mithilfe der App „KidGuard“ können besorgte Eltern im Auge behalten, was ihre Kinder so tun. Aber der Entwickler bewirbt sein Produkt zusätzlich auf ganz andere Weise. Auf dem offiziellen Blog finden sich beispielsweise Artikel mit Titeln wie „So lesen Sie gelöschte Textnachrichten Ihres Partners“.

Offizielle Statistiken zum Thema digitales Stalking sind schwer zu finden, denn die Opfer wissen häufig nichts davon und viele von ihnen trauen sich nicht darüber zu sprechen. Jedoch verschaffen uns die Daten zweier Überwachungsfirmen, die letztes Jahr von Hackern gestohlen wurden, einen Einblick in das Ausmaß des Problems. Motherboard zufolge wurden nämlich die Daten von mehr als 100.000 Nutzern entwendet. Der App-Entwickler mSpy sagte der New York Times gegenüber, dass die Firma innerhalb des ersten Quartals 2018 bereits 27.000 Abonnements an amerikanische Nutzer verkauft hätte.

Wir könnten euch noch mehr Daten zeigen, die darauf hindeuten, dass es sich hierbei um ein Stalking-Problem handelt. Was noch schockierender ist: dank Affiliate-Programmen haben sich diese Apps mittlerweile zum Alltagsprodukt entwickelt. Wir würden euch aber gerne zeigen, wie ihr herausfinden könnt, ob euer Smartphone gehackt wurde und wie ihr die Spyware wieder loswerdet.

Die Anleitung von Spysoftware beinhaltet eine Liste von Dingen, die Anzeichen für ein gehacktes Smartphone sein können:

  1.  Euer Smartphone verhält sich plötzlich merkwürdig.
  2.  Die Akkulaufzeit hat sich plötzlich stark verringert. Stalking-Apps verbrauchen in der Regel viele Ressourcen, wenn ihr also einen Blick auf die Akkunutzung werft, könnt ihr möglicherweise herausfinden, welche App der Übeltäter ist.
  3.  Während Anrufen kommt es immer wieder zu merkwürdigen Hintergrundgeräuschen. Manche Apps sind in der Lage, eure Telefongespräche aufzuzeichnen. Natürlich kann auch eine schlechte Verbindung der Grund für die Hintergrundgeräusche sein, sollte das Problem aber häufiger auftreten, solltet ihr euch Gedanken machen.
  4.  Euer Smartphone startet sich ohne Grund neu bzw. schaltet sich aus. Bei fortschrittlicher Spyware kommt es zwar für gewöhnlich nicht zu Neustarts und Abstürzen, aber auch das kann ein Anzeichen für ein gehacktes Gerät sein.
  5.  Ihr erhaltet merkwürdige SMS-Nachrichten. Ihr bekommt immer wieder Nachrichten, die einfach nur einzelne Buchstaben, Zahlen oder Symbole enthalten? Manche dieser Apps nutzen SMS-Nachrichten, um Befehle auszulösen.
  6.  Euer Smartphone verbraucht plötzlich mehr Datenvolumen. Spyware nutzt eure mobile Internetverbindung, um Daten an die Server der Hacker zu senden. Weil die übertragenen Daten immer kleiner werden und viele Leute aufgrund von Flatrate-Verträgen keinen Überblick über ihren Datenverbrauch haben, lässt sich dies häufig nur schwer feststellen. Es kann jedoch auch passieren, dass größere und somit auffälligere Daten wie z. B. Videos übertragen werden.

Eine Person aus eurem Umfeld stalkt euch? Was nun?

Möglicherweise wird diese Erkenntnis nichts an eurer Situation ändern. Aber wenn der Täter plötzlich feststellt, dass er keinen Zugriff mehr auf euer Gerät hat, könnte dies eine aggressive und möglicherweise gewaltsame Reaktion zur Folge haben. Je nachdem, wie ernst eure Situation ist, können die Folgen für euch unterschiedlich ausfallen. Im besten Fall konfrontiert ihr euren Stalker, brecht den Kontakt mit der Person ab und euer Leben kann weitergehen. Im schlimmsten Fall schwebt ihr in großer Gefahr.

Leider können wir euch nicht bei der Lösung eurer Situation helfen. Schließlich sind wir nicht für so etwas ausgebildet. Wir sind nur ein Haufen Nerds, die euch dabei helfen möchten, die Kontrolle über euer Smartphone zurückzubekommen.

Wenn ihr herausfinden möchtet, wie ihr Spyware von eurem Smartphone entfernt, könnt ihr euch hier unseren Artikel zu diesem Thema durchlesen.

Spyware, die auf eurem Laptop oder Desktop-PC installiert wurde, kann außerdem eure Tastenanschläge aufzeichnen und euch über eure Webcam beobachten. Hier erfahrt ihr, wie ihr Spyware von eurem Laptop oder PC entfernen könnt.

Manche Arten von Stalking und Missbrauch erfordern keinen direkten Zugriff auf eure Konten. Glücklicherweise arbeiten bereits viele soziale Netzwerke an einer Lösung für dieses Problem (vor allem, was Rachepornos angeht) – es handelt sich dabei aber nach wie vor um eine große Herausforderung.

Aufgrund der Komplikationen, die digitale Missbrauchsfälle mit sich bringen, sollten wir uns ernsthaft Gedanken darüber machen, wie wir für besseren Datenschutz und mehr Sicherheit sorgen können – vor allem für Menschen, die sich in einer gefährlichen Lage befinden und deshalb besonders schutzbedürftig sind. Wie gesagt: Sicherheit ist nicht nur ein technologisches Problem, sondern auch ein gesellschaftliches.


Dieser Beitrag ist Teil einer Artikelreihe rund um das Thema Missbrauch und wie ihr euch vor ungewollter Überwachung schützen könnt. Weitere Artikel der Reihe:

Seid ihr persönlich betroffen? Habt ihr es mit entsprechender Software oder anderen Arten von Missbrauch zu tun, vielleicht im Zusammenhang mit einem Stalker oder innerhalb einer Beziehung mit häuslicher Gewalt? Dann haben wir für euch noch weiterführende Links, hier bekommt ihr Infos und Hilfe:

  • Luisa ist hier – Luisa ist ein Hilfsangebot für Frauen in der Partyszene, die aus einer unangenehmen Situation heraus möchten. Mit der Frage „Ist Luisa hier?“ können sich Frauen ans Personal wenden und bekommen unmittelbar und diskret Hilfe.  Eine Kampagne des Frauen-Notruf Münster e.V.
  • Polizei-Beratung.de – Infos der Kriminalpolizei zum Thema „Häusliche Gewalt“. Auch bei Stalking, sexuellen Straftaten oder Kindesmissbrauch findet ihr hier Definitionen und Informationen, außerdem die Adressen der nächsten Beratungsstelle der Polizei.
  • Gewaltschutz – Infos für Betroffene bei häuslicher Gewalt
  • save-me-online.de – Online- und Chat-Beratung für Kinder und Jugendliche bei sexueller Gewalt, Cybermobbing, Belästigung usw. Hier werden Betroffene informiert, können sich zudem auf Wunsch anonym per Chat oder am Hilfetelefon melden.
  • Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe – hier gibt es u.a. Adressen von Frauen-Notrufen oder -Beratungsstellen, außerdem viele Informationen zum Thema sexualisierte Gewalt an Frauen/Mädchen.
  • Hilfe Telefon – kostenlose Hotline für Frauen, die Gewalt erlebt haben oder erleben. Die Beratung ist nicht nur kostenlos, sondern auch jeden Tag im Jahr und rund um die Uhr erreichbar. Beraten wird in 17 verschiedenen Sprachen und die Beratung richtet sich nicht nur explizit an die Opfer, so dass sich auch Freunde oder Angehörige von Betroffenen melden können.
  • Stalking Justiz – sehr umfangreiche Info-Seite zum Thema Stalking.
  • Stop Stalking – Sehr interessante Seite, weil hier nicht nur Stalking-Opfern geholfen wird, sondern auch den Stalkern selbst.
  • Weißer Ring – gemeinnütziger und einziger bundesweit tätiger Opfer­hilfe­verein für Opfer von Kriminalität und Gewalt

Über den Autor

Nicole Scott